Eine Leise wird lernen müssen, laut zu sein
Als Chefin der Arbeiterkammer steht Renate Anderl jetzt ganz vorn.
Intern ist sie bekannt als zielstrebige Verfechterin der Rechte der Frauen, und dort, woher sie kommt, ist das keine Selbstverständlichkeit: Renate Anderl ist Frauenvorsitzende der Metallergewerkschaft – traditionell eine Männerbastion.
Begonnen hat sie als Sekretärin bei den Metallern im ÖGB. Auf dem Marsch durch die Institution begegnete ihr ein mächtiger Fürsprecher: Der legendäre Metaller-Chef Rudolf Nürnberger nahm sie unter seine Fittiche. Sie wurde Betriebsrätin, absolvierte die Betriebsräteakademie Wien – die Kaderschmiede der Gewerkschaft – und arbeitete sich hoch zur Frauenvorsitzenden des Gesamt-ÖGB. Seit 2014, als Vorgängerin Sabine Oberhauser in die Regierung wechselte, ist sie auch ÖGBVizepräsidentin.
Alle mögen Anderl. Weil sie kompetent ist, weil sie engagiert ist, und weil die Mutter eines Sohnes – und Großmutter eines Enkels – wie sie selbst in ihrem Lebenslauf vermerkt – als menschlich integer gilt. Wenn man sich in der Gewerkschaft umhört, so bekommt man vor allem Situationen aus den KV-Verhandlungen geschildert, in denen Renate Anderl freundlich, aber bestimmt die Interessen insbesondere der Frauen vertritt. Mit einer Detailkenntnis, die ihr Kraft in den Verhandlungen verleiht.
Bisher war sie freundlich und leise. Einer breiteren Öffentlichkeit ist sie nicht bekannt. „Künftig wird sie freundlich und laut sein“, zeigt sich eine Mitstreiterin überzeugt. „Das kann sie auch.“Bei der Arbeiterkammer-Wahl in einem Jahr wird sie es brauchen. Auch wenn der rote Unmut über die türkis-blaue Regierung für Rückenwind sorgt.