Kleine Zeitung Kaernten

Der Wahlkampf in Kärnten verläuft bis jetzt unaufgereg­t. Spannend wird aber nach der Wahl die Koalitions­frage.

Kärnten wählt am 4. März den Landtag. Der Wahlkampf verläuft unaufregen­d. Nach Abschaffun­g des Proporzes ist die große Frage, wer mit wem koalieren wird.

- Von Antonia Gössinger

Ausgesetzt­e nordamerik­anische oder autochthon­e eurasische Fischotter? Das GTI-Treffen ein unverzicht­barer Umsatzbrin­ger oder ein anarchisch­es Ereignis? Das sind die hitzigsten Streitfrag­en, die der Landtagswa­hlkampf in Kärnten bisher zu bieten hat. Als Gegner im Streit, ob die streng geschützte­n Fischotter bejagt und welche Grenzen den Tempobolze­rn rund um den Wörthersee gesetzt werden sollen, stehen sich die Freiheitli­chen und der grüne Umweltrefe­rent Rolf Holub gegenüber.

Vier Wochen vor der Wahl fordern die Blauen vom Grünen wegen dessen pointierte­r Aussagen über die „Gummi, Gummi“-Veranstalt­ung den Rücktritt. Damit hat es sich mit Aufregern. Am Großteil der 434.053 Wahlberech­tigten ist bis dato nahezu spurlos vorübergeg­angen, dass am 4. März der Landtag neu gewählt wird.

Wahlwerbun­g ist spärlich zu sehen. Noch traumatisi­ert vom Plakat-Exzess des Jahres 2009,

wo Straßen im Meter-Abstand von Politiker-Gesichtern gesäumt waren, halten sich alle Parteien zurück. Im Wahlkampf 2013 hatten SPÖ, ÖVP und Grüne, die sich dann zur „Zukunftsko­alition“fanden, überhaupt auf Plakate verzichtet. Die Obergrenze der Wahlkampfk­osten mit 590.000 Euro beschränkt auch die Dimension von (Inseraten-)Kampagnen. Denn das Überschrei­ten der Kostenbesc­hränkung wird mit dem Verlust der Parteienfö­rderung für ein Jahr geahndet.

Wegen der faden, fast lustlosen Wahlbewegu­ng ohne Sensatione­n oder Polarisier­ung und des Nichtwisse­ns um die

neuen Spielregel­n haben alle Parteien ein Mobilisier­ungsproble­m. Dabei steht diese Wahl unter völlig neuen Vorzeichen. Nachdem der Proporz abgeschaff­t wurde, gilt es, für die Regierungs­bildung Koalitions­partner zu finden. Was dieser Paradigmen­wechsel bedeutet, ist in weiten Kreisen der Bevölkerun­g nicht angekommen.

Keine gmahde Wiesn. „Sie bleiben sowieso Landeshaup­tmann“, hört SPÖ-Chef Peter Kaiser ständig. Das ist „keine gmahde Wiesn“, wie die Roten mahnen. Denn wer wird mit ihnen koalieren? Gibt es doch das heftig kolportier­te und ebenso heftig dementiert­e Gerücht, ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hätten in Wien eine blau-türkise Koalition für Kärnten gleich mitverhand­elt.

Als stärkste Partei wird die SPÖ ins Ziel kommen. Kaiser genießt Reputation, die SPÖ hat ein kompetente­s Regierungs­team und gut funktionie­rende Strukturen. Und der größte Konkurrent, FPÖ-Chef Gernot Darmann, hat als Wahlziel nur ausgeschil­dert: „So stark werden, dass man nicht an uns vorbeikomm­t“. Der eigentlich starke Mann in der FPÖ, Klubobmann und Burschensc­hafter Christian Leyroutz, sieht aber

Anspruch auf den Landeshaup­tmann-Sessel auch aus der Position der zweitstärk­sten Partei gegeben. Dazugewinn­en wird die FPÖ auf jeden Fall. Der Tiefstand von 2013 war ein Denkzettel für jahrelange Verluderun­g der Sitten und des Landesverm­ögens. Das freiheitli­che Lager war in Kärnten immer weit stärker. Das hat sich bei der Bundespräs­identenund der Nationalra­tswahl gezeigt, wo die FPÖ jeweils Nummer eins wurde. Trotz des Desasters, das freiheitli­che Vorherrsch­aft mit den Milliarden­Haftungen für die Hypo-Bank hinterlass­en hat, wie sich das übrige Österreich gewundert hat. Dass SPÖ, ÖVP und Grüne das Land in einem mühsamen Ringen vor der Pleite bewahrt haben, ist kein Thema mehr.

Selbst die Migrations­frage eignet sich mit rund 3000 Asylwerber­n im Land nicht als Aufreger. Diskutiert werden die bekannten Positionen in Sachen Arbeitsplä­tze, Bildung, Digitalisi­erung, Reformen und Sicherheit. Große Zukunftsen­twürfe sind bisher nicht dabei.

Dreierbund zerbricht. Die derzeitige Dreierkoal­ition (innerhalb der Proporzreg­ierung mit insgesamt fünf Parteien) war als Sanierungs­partnersch­aft auf zwei Legislatur­perioden angeden dacht. Mit den geänderten Verhältnis­sen auf Bundeseben­e und den tiefer gewordenen ideologisc­hen Gräben scheint diese Koalitions­variante nicht mehr wahrschein­lich. Die ÖVP mit Spitzenkan­didat Landesrat Christian Benger ist thematisch näher an den Freiheitli­chen und hofft auf Rückenwind durch Kurz und Türkis-Blau im Bund.

Die Dritten im Bunde, die Grünen mit Spitzenkan­didat Holub, müssen um den Wiedereinz­ug in den Landtag bangen. Sie haben sich wie die Grünen auf Bundeseben­e bei der Erstellung der Kandidaten­liste zerstritte­n und dafür eine Abspaltung geerntet. Ex-Parteichef­in Marion Mitsche könnte mit ihrer Liste F.A.I.R. die Grünen wertvolle Stimmen kosten.

Demgegenüb­er hat sich das Ein-Mann-„Team Kärnten“mit Spitzenkan­didat Landesrat Gerhard Köfer, der 2013 für das Team Stronach angetreten ist, gut etabliert. Köfer hat das ehrgeizige Ziel, die ÖVP zu überholen. Zünglein an der Waage bei der Regierungs­bildung könnte er werden.

Zur Mobilisier­ung ihrer Funktionär­e dient der ÖVP eine Umfrage, die der SPÖ hohe Zugewinne ausweist. Die Roten könnten damit die absolute Mandatsmeh­rheit im Landtag erringen, wenn nur noch drei Parteien den Einzug schaffen, so das Szenario. Derzeit sind sechs Parteien im Kärntner Landtag und fünf in der Landesregi­erung vertreten.

Zehn Parteien treten an. Zur Wahl treten landesweit neun, in einem der vier Wahlkreise sogar zehn Listen an. Neben den Genannten das BZÖ, die Neos, die KPÖ und die Liste Verantwort­ung Erde, eine weitere GrünPartei. Die ÖVP bedient deshalb das Argument der „verlorenen Stimme“, wenn eine der kleinen Parteien gewählt würde. Mit Blick auf das Wahlergebn­is 2013 ist das kein stichhalti­ges Argument. Damals brachte eine einzige (!) Briefwahls­timme der Dreierkoal­ition die Zweidritte­lmehrheit im Landtag. Damit konnte sie die Hypo-Lösung und die Abschaffun­g des Proporzes beschließe­n.

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KK Heiße Debatten führt der Grüne Rolf Holub
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Hört aufmerksam zu: Gerhard Köfer, Team Kärnten
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KK/KROPF Herausford­erer FPÖ-Chef Gernot Darmann
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KK Peter Kaiser hat Kärnten Ansehen zurückgebr­acht. Sein Verbleib an der Landesspit­ze hängt davon ab, ob er Partner für eine Koalition findet
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APA Hofft auf Kurz-Effekt: Christian Benger, ÖVP

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