Der Wahlkampf in Kärnten verläuft bis jetzt unaufgeregt. Spannend wird aber nach der Wahl die Koalitionsfrage.
Kärnten wählt am 4. März den Landtag. Der Wahlkampf verläuft unaufregend. Nach Abschaffung des Proporzes ist die große Frage, wer mit wem koalieren wird.
Ausgesetzte nordamerikanische oder autochthone eurasische Fischotter? Das GTI-Treffen ein unverzichtbarer Umsatzbringer oder ein anarchisches Ereignis? Das sind die hitzigsten Streitfragen, die der Landtagswahlkampf in Kärnten bisher zu bieten hat. Als Gegner im Streit, ob die streng geschützten Fischotter bejagt und welche Grenzen den Tempobolzern rund um den Wörthersee gesetzt werden sollen, stehen sich die Freiheitlichen und der grüne Umweltreferent Rolf Holub gegenüber.
Vier Wochen vor der Wahl fordern die Blauen vom Grünen wegen dessen pointierter Aussagen über die „Gummi, Gummi“-Veranstaltung den Rücktritt. Damit hat es sich mit Aufregern. Am Großteil der 434.053 Wahlberechtigten ist bis dato nahezu spurlos vorübergegangen, dass am 4. März der Landtag neu gewählt wird.
Wahlwerbung ist spärlich zu sehen. Noch traumatisiert vom Plakat-Exzess des Jahres 2009,
wo Straßen im Meter-Abstand von Politiker-Gesichtern gesäumt waren, halten sich alle Parteien zurück. Im Wahlkampf 2013 hatten SPÖ, ÖVP und Grüne, die sich dann zur „Zukunftskoalition“fanden, überhaupt auf Plakate verzichtet. Die Obergrenze der Wahlkampfkosten mit 590.000 Euro beschränkt auch die Dimension von (Inseraten-)Kampagnen. Denn das Überschreiten der Kostenbeschränkung wird mit dem Verlust der Parteienförderung für ein Jahr geahndet.
Wegen der faden, fast lustlosen Wahlbewegung ohne Sensationen oder Polarisierung und des Nichtwissens um die
neuen Spielregeln haben alle Parteien ein Mobilisierungsproblem. Dabei steht diese Wahl unter völlig neuen Vorzeichen. Nachdem der Proporz abgeschafft wurde, gilt es, für die Regierungsbildung Koalitionspartner zu finden. Was dieser Paradigmenwechsel bedeutet, ist in weiten Kreisen der Bevölkerung nicht angekommen.
Keine gmahde Wiesn. „Sie bleiben sowieso Landeshauptmann“, hört SPÖ-Chef Peter Kaiser ständig. Das ist „keine gmahde Wiesn“, wie die Roten mahnen. Denn wer wird mit ihnen koalieren? Gibt es doch das heftig kolportierte und ebenso heftig dementierte Gerücht, ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hätten in Wien eine blau-türkise Koalition für Kärnten gleich mitverhandelt.
Als stärkste Partei wird die SPÖ ins Ziel kommen. Kaiser genießt Reputation, die SPÖ hat ein kompetentes Regierungsteam und gut funktionierende Strukturen. Und der größte Konkurrent, FPÖ-Chef Gernot Darmann, hat als Wahlziel nur ausgeschildert: „So stark werden, dass man nicht an uns vorbeikommt“. Der eigentlich starke Mann in der FPÖ, Klubobmann und Burschenschafter Christian Leyroutz, sieht aber
Anspruch auf den Landeshauptmann-Sessel auch aus der Position der zweitstärksten Partei gegeben. Dazugewinnen wird die FPÖ auf jeden Fall. Der Tiefstand von 2013 war ein Denkzettel für jahrelange Verluderung der Sitten und des Landesvermögens. Das freiheitliche Lager war in Kärnten immer weit stärker. Das hat sich bei der Bundespräsidentenund der Nationalratswahl gezeigt, wo die FPÖ jeweils Nummer eins wurde. Trotz des Desasters, das freiheitliche Vorherrschaft mit den MilliardenHaftungen für die Hypo-Bank hinterlassen hat, wie sich das übrige Österreich gewundert hat. Dass SPÖ, ÖVP und Grüne das Land in einem mühsamen Ringen vor der Pleite bewahrt haben, ist kein Thema mehr.
Selbst die Migrationsfrage eignet sich mit rund 3000 Asylwerbern im Land nicht als Aufreger. Diskutiert werden die bekannten Positionen in Sachen Arbeitsplätze, Bildung, Digitalisierung, Reformen und Sicherheit. Große Zukunftsentwürfe sind bisher nicht dabei.
Dreierbund zerbricht. Die derzeitige Dreierkoalition (innerhalb der Proporzregierung mit insgesamt fünf Parteien) war als Sanierungspartnerschaft auf zwei Legislaturperioden angeden dacht. Mit den geänderten Verhältnissen auf Bundesebene und den tiefer gewordenen ideologischen Gräben scheint diese Koalitionsvariante nicht mehr wahrscheinlich. Die ÖVP mit Spitzenkandidat Landesrat Christian Benger ist thematisch näher an den Freiheitlichen und hofft auf Rückenwind durch Kurz und Türkis-Blau im Bund.
Die Dritten im Bunde, die Grünen mit Spitzenkandidat Holub, müssen um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Sie haben sich wie die Grünen auf Bundesebene bei der Erstellung der Kandidatenliste zerstritten und dafür eine Abspaltung geerntet. Ex-Parteichefin Marion Mitsche könnte mit ihrer Liste F.A.I.R. die Grünen wertvolle Stimmen kosten.
Demgegenüber hat sich das Ein-Mann-„Team Kärnten“mit Spitzenkandidat Landesrat Gerhard Köfer, der 2013 für das Team Stronach angetreten ist, gut etabliert. Köfer hat das ehrgeizige Ziel, die ÖVP zu überholen. Zünglein an der Waage bei der Regierungsbildung könnte er werden.
Zur Mobilisierung ihrer Funktionäre dient der ÖVP eine Umfrage, die der SPÖ hohe Zugewinne ausweist. Die Roten könnten damit die absolute Mandatsmehrheit im Landtag erringen, wenn nur noch drei Parteien den Einzug schaffen, so das Szenario. Derzeit sind sechs Parteien im Kärntner Landtag und fünf in der Landesregierung vertreten.
Zehn Parteien treten an. Zur Wahl treten landesweit neun, in einem der vier Wahlkreise sogar zehn Listen an. Neben den Genannten das BZÖ, die Neos, die KPÖ und die Liste Verantwortung Erde, eine weitere GrünPartei. Die ÖVP bedient deshalb das Argument der „verlorenen Stimme“, wenn eine der kleinen Parteien gewählt würde. Mit Blick auf das Wahlergebnis 2013 ist das kein stichhaltiges Argument. Damals brachte eine einzige (!) Briefwahlstimme der Dreierkoalition die Zweidrittelmehrheit im Landtag. Damit konnte sie die Hypo-Lösung und die Abschaffung des Proporzes beschließen.