Brief aus Pyeongchang
Was haben wir uns nicht alle gefreut auf die Spiele der Technologie. Südkorea, so hieß es, wird uns in neue Dimensionen bringen. Das Internet ist nicht mehr 3G, nicht 4G, nein: 5G! Also quasi so schnell, dass alles schon erledigt ist, bevor man nur selbst daran denkt. Unfassbare Datengeschwindigkeiten, die endlich auch das autonome Fahren ermöglichen werden. Das war die Theorie. Die Praxis sah leider anders aus, zumindest am ersten Tag im „Main Press Center“, dem Hauptpressezentrum im „Mountain Cluster“. Bei Olympischen Spielen funktioniert es im Normalfall so: WLAN ist gratis, alles andere kostet. Aber was spielt das schon für eine Rolle, dachte ich mir: 5G! Herz, was willst du mehr, dachte ich mir. Leider dachte sich das 5GNetz das nicht. Vielleicht ist es auch gar kein 5G-Netz, jedenfalls fiel das WLAN aus. Mehrmals. Und die Durchsage, dass „we at the moment heavy problems with the wlan-network“experiencen, bringt einen zur Weißglut. Was bleibt also über, als die Kreditkarte zu zücken und statt auf 5G zu vertrauen, in 1K – ein Kabel – zu investieren. Soll heißen: Man bezahlt dafür, dass man sich in allen Pressezentren ein Kabel nehmen darf, um nicht auf das hochgelobte kabellose Netz angewiesen zu sein. Kosten: schlappe 246.500. Wenigstens Won, nicht Euro – zur Beruhigung für den Chef.
E s dauert aber ein Stück, bis man das Netz auch benützen kann. Sie müssen zunächst einmal wissen, was Sie bestellen (ersichtlich im „Rate Card Catalogue“). Dann müssen sie Formular T7 ausfüllen, für das man außer Pass, Akkreditierung und Leumundszeugnis zur Sicherheit auch noch den zweiten Vornamen der Großmutter mütterlicherseits wissen sollte. Dann übernimmt Herr Kim den Zettel, tippt alles ab und kassiert – wenn Sie eine Kreditkarte des Sponsors besitzen. Wenn nicht, sind Sie ausgeschlossen. Dann bekommt man einen Zettel (= Rechnung) und geht am Tisch zur Dame rechts, vor der „Rate Card Technology“steht, ihr Name ist Frau Kim. Sie kann wenigstens Englisch und verspricht, den erworbenen Account freizuschalten. Die Bestätigung kommt dann per Mail, sagt sie. Die Erkenntnis, dass man aber ohne WLAN auch keine Mails bekommt (und unsere Firewall interessanterweise alle Mails mit OlympiaAdresse blockt), dauert Stunden. Bis Frau Kim und ich die beste Idee haben: Mit dem Handy fotografiert sie meine Zugangsdaten, damit ich dann am Laptop alles eingeben kann, um das WLAN zu umgehen. Mir dämmert es langsam: 5G, das heißt hier, fünf Mal gehen, bis wirklich alles geht.
Herzlichst, bis morgen