Kleine Zeitung Kaernten

Nicht gut ausgestieg­en

In Angela Merkels CDU rumort es. Der Verlust des Finanzmini­sters schmerzt. Kritiker halten ihr schwere politische Fehler vor. Die Parteiführ­ung wehrt sich: Man solle die CDU „nicht ins Koma reden“.

- Von Daniela Vates, Berlin

Den größten Applaus in der Unions-Bundestags­fraktion bekommen nicht Angela Merkel und der Koalitions­vertrag, sondern ein Minister. Thomas de Maizière, Minister in den drei bisherigen MerkelRegi­erungen, findet im neuen Personalta­bleau keinen Platz. Der Mann, der einst als potenziell­er Merkel-Nachfolger galt, zieht sich aus der Politik zurück. Lange klatschten die Abgeordnet­en und bei manch einem mag es auch demonstrat­iv gewesen sein.

Denn man hat nun zwar diese 177 Seiten Vertragswe­rk, eine Regierung rückt näher. Aber die Stimmungsl­age beschreibt ein CDU-Vorstandsm­itglied so: „Alle sind unglücklic­h, auch Angela Merkel.“Denn die Lek- türe des Koalitions­vertrags beginnt bei vielen von hinten, da, wo die Ressortver­teilung steht. Und da ist festgehalt­en, dass die CDU im nächsten Kabinett wichtige Ministerie­n nicht mehr besetzen wird. Das Finanzress­ort geht an die SPD, das Innenminis­terium an die CSU. Für die CDU bleiben neben Kanzlerin und Kanzleramt­sminister und dem wichtigen, aber auch skandalträ­chtigen Verteidigu­ngsministe­rium wie bisher Gesundheit­s- und Bildungsmi­nisterium. Die CSU gibt immerhin das Agrarresso­rt an die Schwesterp­artei ab.

Und während die CSU sich ausdrückli­ch freut, der Parteichef Horst Seehofer von „viel Gutem für die Menschen“spricht und sein Generalsek­retär von „Wort gehalten“, ist bei der CDU die

düsterer. Der Vorsitzend­e des Unions-Wirtschaft­sflügels im Bundestag, Christian von Stetten, kritisiert in der ARD: „Der Kabinettsz­uschnitt, so wie er jetzt da ist, ist ein politische­r Fehler.“Gerade das Finanzmini­sterium abzugeben, werde bei den CDU-Mitglieder­n nicht für Begeisteru­ngsstürme sorgen. Und für die gesamte Mittelstan­dsvereinig­ung formuliert deren Präsident, Carsten Linnemann: „Die Ressortauf­teilung geht ins Mark der CDU.“Während sowohl Linnemann als auch von Stetten zugestehen, dass es inhaltlich durchaus Fortschrit­te gebe, ist der Wirtschaft­srat, ein der Partei nahestehen­des Unternehme­rgremium, einfach ganz grundsätzl­ich unzufriede­n: „Diesem Vertrag kann nicht zugestimmt werden.“

Die Parteiführ­ung versucht gegenzuste­uern. Auch das Wirtschaft­sministeri­um sei ein Schlüsselr­essort, sagt Merkel Teilnehmer­n zufolge in der Fraktion. Die CDU führe es nun erstmals seit 1963. Vize-Parteichef­in Julia Klöckner ergänzt im Deutschlan­dfunk deutlich forscher, sie sei „dagegen, uns ins Koma zu reden“.

Man könne nun wirklich nicht so tun, als würden „das Land und die CDU am Abgrund stehen“. Der Koalitions­vertrag trage doch „deutlich eine Unionshand­schrift“, auch in der Finanzpoli­tik. Da habe man schließlic­h festgeschr­ieben, dass es keine neue Schulden geben und die Steuern nicht erhöht werden dürften. Gute Ergebnisse gebe es zum Verkehr, die Kultur profitiert, die BunStimmun­g deswehr wird gestärkt. „Bei den Inhalten sind wir sehr zufrieden“, sagt auch der Vorsitzend­e der Jungen Union, Paul Ziemiak. In Merkels Umfeld wird darauf hingewiese­n, dass die CDU sich des Finanzmini­steriums durchaus nicht habe sicher sein können. In den Jamaika-Verhandlun­gen etwa habe die FDP an dem Ressort Interesse gezeigt. Das Wirtschaft­sministeri­um wird als „hochintere­ssant“beschriebe­n. Und dann gibt es noch den Hinweis, dass die Partei ja auch den Posten des Integratio­ns-Staatsmini­sters im Kanzleramt besetzen könne, den bisher die SPD innehatte.

In der Fraktion springt CSUChef Horst Seehofer Angela Merkel bei: Man hätte die Koalition ja schwerlich an der Ressortver­teilung scheitern lassen können.

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APA Sie hat eine neue Regierung, doch die Parteikoll­egen sind enttäuscht

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