Brauchtum der anderen Art
Der neue BMW X2 beantwortet die Sinnfrage in der ersten Kurve. Ein Erfahrungsbericht.
Zuallererst steht die Sinnfrage, wenn man den X2 ernsthaft erörtern möchte: Wer braucht ein Auto, das auf Basis des X1 steht, aber im Gegensatz dazu fast acht Zentimeter kürzer (4,36 m) und sieben Zentimeter niedriger (1,52 m)? Zudem verliert der Kofferraum gegenüber dem X1. Der X2 gehört außerdem zur Spezies der Coupé-SUVs, da sind vier Türen gar nicht so unüblich – und sogar erwünscht.
Versucht man eine Annäherung über die emotionale und Fahrer-Ebene, kommt man dem X2 schon näher: Die neuen Proportionen tun dem Auto gut, es geht richtig an die Nieren. Denn selbst die BMW-Niere ist umformatiert, um das Auto breiter erscheinen zu lassen. Historische Anspielungen sind auch mit an Bord, das BMW-Emblem an der C-Säule war Klassikern wie dem 3.0 CSL vorbehalten.
Beim Fahrerlebnis kann man die baulichen Maßnahmen (kürzer, flacher, sportlichere Sitzposition) richtig genießen: Selbst in engen Kurven sind Wankbewegungen kaum spür- bar, die Haltungsnoten exzellent. Mit dem etwas tiefer gelegten Sportfahrwerk in der MSport-X-Version fühlt sich der X2 schon grundsätzlich hart an, die Fahrmodi erscheinen schärfer akzentuiert als im X1. Selbst im Komfortmodus kommen Schlaglöcher und Unebenheiten erstaunlich ungefiltert durch.
Die Verbindung Lenkung/ Fahrwerk steht für einen starken Unterhaltungswert. Der X2 lenkt gut ein, beachtlich bleibt, wie er sich auch auf unterschiedlichen Asphaltarten seinen Grip bewahrt – auch dank des Allrads. Die Kraft des Motors (400 Nm bei 1750 U/min, 8Gang-Steptronic) beschwingt das Package und tut dem Gewicht des X2 gut.
Aus diesen Blickwinkeln muss letztlich die Frage des Brauchens beantwortet werden. BMW hat den X2 – trotz der gleichen Genetik mit dem X1 – so stark differenziert, dass er tatsächlich seinen Markt finden könnte. Fürs Brauchtum der anderen Art, sozusagen.