Zwischen Espresso und feinem Milchschaum
Die Grazerin Barbara Rieger porträtiert mit ihrem Buch „Melange der Poesie“die Wiener Kaffeehaus-Welt.
Anzengruber, Jelinek, Prückel: Geschichtsträchtige Wiener Kaffeehäuser gibt es viele. Für den gelernten Genießer sind sie längst zum zweiten Wohnzimmer geworden. Obendrein wurden dort Teile der österreichschen Literaturgeschichte geschrieben. Doch auch die jungen Kreativen von heute haben die Cafés der Stadt fest im Griff. Ihnen hat die Grazer Autorin Barbara Rieger das Buch „Melange der Poesie – Wiener Kaffeehausmomente“gewidmet.
Gemeinsam mit dem französischen Fotografen Alain Barbero hat Rieger 55 Lokale porträtiert, samt jenen Gegenwartsautoren, die sich dort wohlfühlen. „Die Idee ist uns – wer hätte das gedacht? – im Kaffeehaus gekommen“, erzählt die 35-Jährige. „Durch Alain ist mir erst bewusst geworden, wie typisch österreichisch das Ins-Kaffeehaus-Gehen eigentlich ist.“Neben ausdrucksstarken Schwarz-WeißFotos bietet der Band jeweils eine kurze Einführung in die Geschichte des Hauses. Aber auch Anekdoten, historische Rahmenbedingungen und eigens dafür verfasste Texte der Literaten finden Platz. So sitzt etwa Franzobel im Hawelka und grübelt über Buchteln mit Vanillesoße, die Spezialität des Hauses. Und Julya Rabinowich schreibt im Diglas, „dem Mehlspeisentempel mit Familientradition“, über den roten Samt der Sitze.
Das Wiener Kaffeehaus ist und bleibt ein Sehnsuchtsort. Wie von alleine zieht es die Menschen in die Sitzlogen und Fensternischen. Und auch wenn hier und da der Lack bereits abgeblättert ist, scheint der Bann der Kaffeehäuser ungebrochen. „In dieser schnelllebigen Zeit sucht man Dinge, die gleich geblieben sind“, erklärt Rieger. „Vielleicht ist es der Wunsch, das Alte festzuhalten und gleichzeitig neu zu beleben.“
Barbara Rieger. Melange der Poesie: Wiener Kaffeehausmomente in Schwarzweiß. Kremayr & Scheriau, 254 Seiten, 29 Euro.