Österreichs Hoffnungen sind weiblich
Janine Flock, Teresa Stadlober oder Vanessa Herzog können überraschen – Anna Gasser aber kann hier in den nächsten zwei Wochen den Schritt zum internationalen Star machen.
Wenn ich meinen Run stehe und ohne Sturz durchkomme, dann traue ich mir eine Medaille zu.
Anna Gasser
Die Rollen im heimischen Olympia-Team sind klar verteilt: Ganz oben steht Marcel Hirscher, auf dem natürlich auch der größte Druck lastet. Der Salzburger Seriensieger ist der logische Favorit im Slalom und Riesentorlauf und er könnte sich mit einer Medaille in der alpinen Kombination am kommenden Dienstag schon sehr viel Druck von den Schultern abladen. Dahinter folgen Olympiasieger Matthias Mayer und die Slalomfahrer, die man hier allesamt als Medaillenkandidaten aufzählen darf.
Beim Thema Überraschungen
muss man aber fast gänzlich auf die Seite der Damen wechseln: Anna Gasser, Teresa Stadlober, Vanessa Herzog oder Janine Flock haben hier das Potenzial zu überraschen – und Anna Gasser kann in den nächsten zwei Wochen den Schritt von der österreichischen Sportlerin des Jahres 2017 zum Weltstar machen. Denn die Kärntnerin kommt als frischgebackene Siegerin der X-Games im Big Air in Aspen nach Pyeongchang. Mit Olympia-Gold kann sie den nächsten Schritt auf der Karriereleiter machen – und derzeit gibt es kaum eine Sportlerin, die ihr im Big Air das Wasser reichen kann.
Doch mit dem Big Air, der im Skisprungstadion unter Flutlicht stattfindet, gehen für Gasser die Bewerbe am 23. Februar zu Ende, mit dem Slopestyle beginnen sie – ganz konkret mit der Qualifikation am Sonntag. Just diese Qualifikation ist der Bewerb, vor dem Gasser den größten Respekt zeigt. „Ich habe vor der Slopestyle-Quali die meiste Angst, weil es da sehr schnell geht, man sitzt am Boden und alles ist vorbei.“
Bei der Premiere dieses Bewerbs in Sotschi war der SlopestyleKurs mächtig. „So hohe Sprünge habe ich vorher und nachher nie mehr gemacht“, sagte Gasser, die in der Entscheidung nach einem Blackout zu früh weggefahren ist. An dieses Missgeschick habe sie neulich wieder gedacht. „Es hat wahrscheinlich so sein müssen, die Zeit war noch nicht reif für eine Medaille.“Das ist vier Jahre später anders, da sagt Gasser selbstbewusst: „Wenn ich meinen Run stehe und ohne Sturz durchkomme, dann traue ich mir eine Medaille zu.“Die einzige Unwägbarkeit: der für Sonntag angekündigte stärkere Wind. Leichtgewicht Gasser ist davon mehr betroffen als andere Konkurrentinnen. „Mir fehlt dann das Tempo.“Die Millstätterin hat einen Plan B: „Über meine Sprünge entscheide ich spontan. Wo ich das geringste Tempo habe, mache ich den einfachsten Sprung.“Ihren Paradesprung will sie sich ohnedies für das Finale (Montag) aufheben: einen Double
Cork 900 – zu Deutsch: ein Doppelsalto mit halber Schraube und Drehung.
Die Kärntnerin ist nicht die einzige Österreicherin, die überraschen kann: Janine Flock hat mit zwei Weltcupsiegen gezeigt, dass ihr im Skeleton alles zuzutrauen ist. Teresa Stadlober (Langlauf) und die neue Eisschnelllauf-Europameisterin Vanessa Herzog waren aus heimischer Sicht die Aufsteigerinnen des Winters. Beide gehen mit dem gleichen Ziel in ihre Bewerbe: einen Platz unter den Top sechs zu erreichen. Und dann könnten auch noch Österreichs Speed-Damen überraschen – allen voran Cornelia Hütter.
Eine Teamkollegin von ihr könnte in Pyeongchang die sentimentalste aller Geschichten scheiben: Anna Veith, die vor vier Jahren in Sotschi den Olympiasieg im Super-G geholt hat, ist trotz ihrer Verletzung und fast zwei Jahren Pause durchaus wieder eine Medaillenanwärterin in der Disziplin. Man(n) sieht: Österreichs OlympiaHoffnungen sind weiblich.