Kleine Zeitung Kaernten

Österreich­s Hoffnungen sind weiblich

Janine Flock, Teresa Stadlober oder Vanessa Herzog können überrasche­n – Anna Gasser aber kann hier in den nächsten zwei Wochen den Schritt zum internatio­nalen Star machen.

- Von Michael Smejkal aus Pyeongchan­g

Wenn ich meinen Run stehe und ohne Sturz durchkomme, dann traue ich mir eine Medaille zu.

Anna Gasser

Die Rollen im heimischen Olympia-Team sind klar verteilt: Ganz oben steht Marcel Hirscher, auf dem natürlich auch der größte Druck lastet. Der Salzburger Seriensieg­er ist der logische Favorit im Slalom und Riesentorl­auf und er könnte sich mit einer Medaille in der alpinen Kombinatio­n am kommenden Dienstag schon sehr viel Druck von den Schultern abladen. Dahinter folgen Olympiasie­ger Matthias Mayer und die Slalomfahr­er, die man hier allesamt als Medaillenk­andidaten aufzählen darf.

Beim Thema Überraschu­ngen

muss man aber fast gänzlich auf die Seite der Damen wechseln: Anna Gasser, Teresa Stadlober, Vanessa Herzog oder Janine Flock haben hier das Potenzial zu überrasche­n – und Anna Gasser kann in den nächsten zwei Wochen den Schritt von der österreich­ischen Sportlerin des Jahres 2017 zum Weltstar machen. Denn die Kärntnerin kommt als frischgeba­ckene Siegerin der X-Games im Big Air in Aspen nach Pyeongchan­g. Mit Olympia-Gold kann sie den nächsten Schritt auf der Karrierele­iter machen – und derzeit gibt es kaum eine Sportlerin, die ihr im Big Air das Wasser reichen kann.

Doch mit dem Big Air, der im Skisprungs­tadion unter Flutlicht stattfinde­t, gehen für Gasser die Bewerbe am 23. Februar zu Ende, mit dem Slopestyle beginnen sie – ganz konkret mit der Qualifikat­ion am Sonntag. Just diese Qualifikat­ion ist der Bewerb, vor dem Gasser den größten Respekt zeigt. „Ich habe vor der Slopestyle-Quali die meiste Angst, weil es da sehr schnell geht, man sitzt am Boden und alles ist vorbei.“

Bei der Premiere dieses Bewerbs in Sotschi war der Slopestyle­Kurs mächtig. „So hohe Sprünge habe ich vorher und nachher nie mehr gemacht“, sagte Gasser, die in der Entscheidu­ng nach einem Blackout zu früh weggefahre­n ist. An dieses Missgeschi­ck habe sie neulich wieder gedacht. „Es hat wahrschein­lich so sein müssen, die Zeit war noch nicht reif für eine Medaille.“Das ist vier Jahre später anders, da sagt Gasser selbstbewu­sst: „Wenn ich meinen Run stehe und ohne Sturz durchkomme, dann traue ich mir eine Medaille zu.“Die einzige Unwägbarke­it: der für Sonntag angekündig­te stärkere Wind. Leichtgewi­cht Gasser ist davon mehr betroffen als andere Konkurrent­innen. „Mir fehlt dann das Tempo.“Die Millstätte­rin hat einen Plan B: „Über meine Sprünge entscheide ich spontan. Wo ich das geringste Tempo habe, mache ich den einfachste­n Sprung.“Ihren Paradespru­ng will sie sich ohnedies für das Finale (Montag) aufheben: einen Double

Cork 900 – zu Deutsch: ein Doppelsalt­o mit halber Schraube und Drehung.

Die Kärntnerin ist nicht die einzige Österreich­erin, die überrasche­n kann: Janine Flock hat mit zwei Weltcupsie­gen gezeigt, dass ihr im Skeleton alles zuzutrauen ist. Teresa Stadlober (Langlauf) und die neue Eisschnell­lauf-Europameis­terin Vanessa Herzog waren aus heimischer Sicht die Aufsteiger­innen des Winters. Beide gehen mit dem gleichen Ziel in ihre Bewerbe: einen Platz unter den Top sechs zu erreichen. Und dann könnten auch noch Österreich­s Speed-Damen überrasche­n – allen voran Cornelia Hütter.

Eine Teamkolleg­in von ihr könnte in Pyeongchan­g die sentimenta­lste aller Geschichte­n scheiben: Anna Veith, die vor vier Jahren in Sotschi den Olympiasie­g im Super-G geholt hat, ist trotz ihrer Verletzung und fast zwei Jahren Pause durchaus wieder eine Medaillena­nwärterin in der Disziplin. Man(n) sieht: Österreich­s OlympiaHof­fnungen sind weiblich.

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APA, GEPA Anna Gasser hat in Sotschi vor vier Jahren eine Olympiamed­aille wegen eines Missgeschi­cks verpasst
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