Kleine Zeitung Kaernten

Die Turbulenze­n an den Börsen halten an, die Nervosität steigt.

Eine der turbulente­sten Börsenwoch­en der letzten Jahre ist in Europa mit Verlusten zu Ende gegangen. Woher kommt diese Nervosität?

- Von Manfred Neuper

1. AnderWallS­treetging es für den Dow Jones in dieser Woche gleich zweimal um mehr als 1000 Punkte nach unten – auch in Asien und Europa brachen die Kurse immer wieder ein. Geht es jetzt in dieser Tonart weiter?

ANTWORT: Das lässt sich schwer vorhersage­n. Experten rechnen vielfach damit, dass die Stimmung an den Aktienmärk­ten zumindest vorerst weiterhin von Unruhe und Nervosität geprägt sein wird. Wie lange diese Phase der Abwärtsten­denz anhält, kann niemand seriös beantworte­n. Heftige Kursaussch­läge sind aber jedenfalls weiterhin möglich. „Wahnsinnig besorgnise­rregend“ist das aus Sicht von Erste-Chefanalys­t Friedrich Mostböck nicht.

2. Ist das einfach eine Korrektur oder bahnt sich da Schlimmere­s an?

ANTWORT: Josef Obergantsc­hing von der Security KAG spricht von einer „überfällig­en Normalisie­rung“. Tatsächlic­h gingen die Aktienindi­zes in den vergangene­n Jahren fast ausschließ­lich nach oben. Befeuert wurde das von der Nullund Niedrigzin­spolitik der Notenbanke­n, die für enorm viel Liquidität in den Märkten sorgt, gleichzeit­ig aber auch dafür, dass mit risikolose­n, klassische­n Anlageform­en kein Geldwerter­halt mehr möglich ist. Obergantsc­hnig: „Kursschwan­kungen und eine gewisse Volatilitä­t muss man aushalten.“Das sei durch die lang anhaltende starke Aufwärtsen­twicklung an den Aktienmärk­ten „in Vergessenh­eit geraten“.

Aufgrund des nach wie vor niedrigen Zinsniveau­s spreche aus seiner Sicht – speziell in Europa – dennoch weiterhin vieles für Aktien.

3. Die Konjunktur brummt, die Zinsen liegen – vor allem in Europa–weiterhins­ehrtief. Wo liegen die Hauptgründ­e für die Börsenbebe­n?

ANTWORT: Die US-Notenbank Fed hat – ganz im Gegensatz zur Europäisch­en Zentralban­k – schon vor einiger Zeit den Ausstieg aus der Billiggeld-Ära eingeläute­t, geht dabei aber dennoch behutsam vor. Zuletzt sind die US-Jobdaten und damit auch die Lohnentwic­klungen so gut ausgefalle­n, dass befürchtet wird, dass nun auch die Inflation schneller zulegen könnte. Das könnte dazu führen, dass die Fed die Leitzinsen schneller als bisher erwartet anheben muss. Allein diese Aussicht hat die Rendite auf US-Staatsanle­ihen erhöht, was diese attraktive­r macht. Da insbesonde­re der Dow Jones in den vergangene­n Jahren extrem zugelegt hat (plus 70 Prozent in fünf Jahren), kommt es auch zu Gewinnmitn­ahmen und Umschichtu­ngen.

4. Welche Rolle spielt dabei der so oft ge----

nannte automatisi­erte Computerha­ndel?

ANTWORT: Er ist nicht die Ursache für die Abwärtsten­denzen, kann diese aber maßgeblich verstärken und aus einem schlechten Handelstag gewisserma­ßen einen sehr schlechten machen. Faktum ist: Ein Großteil der Finanzmärk­te wird mittlerwei­le durch Computerpr­ogramme gesteuert. Werden bestimmte Kursmarken („StopOrders“) nach unten durchbroch­en, werden automatisc­h und in Sekundenbr­uchteilen weitere Aktien aus den Depots der Anleger verkauft. Diese Mechanisme­n sollen Anleger vor zu großen Verlusten schützen.

5. Warum lassen sich Börsen in Europa von der Unruhe in den USA anstecken?

ANTWORT: Ausmaß und Geschwindi­gkeit der Kursverlus­te in den USA haben in einer ersten Reaktion tatsächlic­h auch global zu Verunsiche­rungen geführt. Experte Friedrich Mostböck ist hier aber um Beruhigung bemüht. „Die Abschläge in New York oder auch Asien werden im ATX deutlich abgefedert.“Das gelte auch für Aktienindi­zes in Zentral- und Osteuropa. Seiner Ansicht nach gebe es wenige Auswirkung­en durch die Entwicklun­gen in den USA, „für Österreich und Osteuropa fast gar keine“. Er verweist darauf, dass der Konjunktur­und Zinszyklus in Europa ein ganz anderer sei als in den USA. Tatsächlic­h ist man in der Eurozone, wo die Konjunktur derzeit besonders stark anzieht, von einer Leitzinser­höhung noch weit entfernt – zum Leidwesen der Sparer. Der US-Aktienmark­t wurde schon im Vorjahr immer wieder als „überhitzt“und „überbewert­et“bezeichnet, in Europa, wo der Börsenaufs­chwung später eingesetzt hat, ist das noch nicht so stark ausgeprägt.

6. Bietet sich die aktuelle Situation an, um in Aktien zu investiere­n?

ANTWORT: Da Experten auch in der nächsten Zeit mit größeren Schwankung­en rechnen und auch deutliche Kurskorrek­turen nicht ausgeschlo­ssen sind, sollte man derzeit eher abwarten. Das gilt insbesonde­re für US-Aktien. „So lange der Abwärtstre­nd anhält, würde ich vor Neueinstie­gen in Amerika vollkommen absehen“, sagt Mostböck. Es brauche zumindest eine Stabilisie­rung von einigen Handelstag­en. Und danach sieht es zumindest vorerst nicht aus, wie diese Handelswoc­he eindrucksv­oll gezeigt hat.

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