Kein Leben ohne Strom und iPhone!
Wer exzessiv am Smartphone oder Computer spielt, gilt künftig als „psychisch krank“. Ob da übertrieben wird?
Manche haben sich dagegen gewehrt, Suchtexperten applaudieren. Exzessives Spielen am iPhone oder Computer wurde diese Woche von der WHO in den Katalog psychischer Erkrankungen aufgenommen. Eine überzogene Maßnahme oder das Ende der Ignoranz gegenüber Verhaltenssüchten wie extremem Computerspielen, die als Sucht maximal als Randgruppenphänomen gesehen wurden? Experten klagen seit Langem, dass Verhaltenssüchte insgesamt längst eine Volkskrankheit wie Diabetes geworden sind. Ein Psychiater, der Jugendliche behandelt, erklärt „Online-Suchtverhalten“auch mit der Sehnsucht nach Beziehungen, die jeder App- oder Spielentwickler versucht, in eine Sucht nach entsprechenden Online-Angeboten umzuwandeln.
„Verteufelt nicht Smartphone und Netz“, wird dann schnell gekontert. Darum geht es auch nicht – noch weniger um ein Loblied auf alte Zeiten, als noch kein Handy das Leben erleichterte bzw. nonstop belästigte. Handy und Netz gehören zum Leben wie Strom. Wem würde es einfallen, Strom zu verteufeln, nur weil er tödlich sein kann? Natürlich ist auch das Smartphone ebenso wenig für das Suchtverhalten verantwortlich wie der Buchdruck für kinderpornografische Bücher. Worum es geht, ist die kontrollierte Nutzung. Und um die unkontrollierte, ausufernde Nutzung, wenn User alle Kontakte abbrechen und Spiele zu Surrogaten für die Echtwelt werden.
Wer aber wird deshalb künftig krankgeschrieben? Ob jemand erst die Lehre oder die Schule abgebrochen und Augenschäden haben muss, um als Süchtiger zu gelten?
75 Prozent der Zwei- bis Vierjährigen spielen übrigens bereits 30 Minuten täglich mit Smartphones. Warum auch auf einen Baum klettern, wenn das Handy ein „Baumspiel“bietet ...