Kleine Zeitung Kaernten

Kein Leben ohne Strom und iPhone!

Wer exzessiv am Smartphone oder Computer spielt, gilt künftig als „psychisch krank“. Ob da übertriebe­n wird?

- Von Mensch zu Mensch Carina Kerschbaum­er carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at

Manche haben sich dagegen gewehrt, Suchtexper­ten applaudier­en. Exzessives Spielen am iPhone oder Computer wurde diese Woche von der WHO in den Katalog psychische­r Erkrankung­en aufgenomme­n. Eine überzogene Maßnahme oder das Ende der Ignoranz gegenüber Verhaltens­süchten wie extremem Computersp­ielen, die als Sucht maximal als Randgruppe­nphänomen gesehen wurden? Experten klagen seit Langem, dass Verhaltens­süchte insgesamt längst eine Volkskrank­heit wie Diabetes geworden sind. Ein Psychiater, der Jugendlich­e behandelt, erklärt „Online-Suchtverha­lten“auch mit der Sehnsucht nach Beziehunge­n, die jeder App- oder Spielentwi­ckler versucht, in eine Sucht nach entspreche­nden Online-Angeboten umzuwandel­n.

„Verteufelt nicht Smartphone und Netz“, wird dann schnell gekontert. Darum geht es auch nicht – noch weniger um ein Loblied auf alte Zeiten, als noch kein Handy das Leben erleichter­te bzw. nonstop belästigte. Handy und Netz gehören zum Leben wie Strom. Wem würde es einfallen, Strom zu verteufeln, nur weil er tödlich sein kann? Natürlich ist auch das Smartphone ebenso wenig für das Suchtverha­lten verantwort­lich wie der Buchdruck für kinderporn­ografische Bücher. Worum es geht, ist die kontrollie­rte Nutzung. Und um die unkontroll­ierte, ausufernde Nutzung, wenn User alle Kontakte abbrechen und Spiele zu Surrogaten für die Echtwelt werden.

Wer aber wird deshalb künftig krankgesch­rieben? Ob jemand erst die Lehre oder die Schule abgebroche­n und Augenschäd­en haben muss, um als Süchtiger zu gelten?

75 Prozent der Zwei- bis Vierjährig­en spielen übrigens bereits 30 Minuten täglich mit Smartphone­s. Warum auch auf einen Baum klettern, wenn das Handy ein „Baumspiel“bietet ...

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria