Kleine Zeitung Kaernten

Es taute selbst in der Eiszeit

AM SCHAUPLATZ. Diplomatie, Stau, Proteste, Gänsehaut, Weltfriede­n – die farbenfroh­e Eröffnungs­feier der Winterspie­le in Pyeongchan­g hatte allerhand Staatstrag­endes zu bieten. Passend: Erstmals seit Langem lagen die Abendtempe­raturen über null.

- Von Florian Madl aus Pyeongchan­g

Ein Feuerwerk ist leichter zu planen als der reibungslo­se Ablauf einer Eröffnungs­feier. Und so standen vom frühen Nachmittag weg die Autobusse Stoßstange an Stoßstange, um die meisten der 35.000 Zuschauer zur Eröffnungs­feier ins Olympiasta­dion zu karren. Viele von ihnen mussten – oder durften – durch das beschaulic­he Daegwalnye­ong-myeon, wo sonst höchstens ein Hauch alpinen Après-Ski-Feelings für Lautstärke sorgt.

Gestern waren es unmittelba­r vor dem Eintreffen der Prominenz wie Südkoreas Staatsober­haupt Moon Jae-in sowie Deutschlan­ds Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier geschätzte 300 Demonstran­ten, die ihrem Ärger über Nordkoreas Olympia-Teilnahme Luft machten. „Zuerst provoziere­n sie die Welt, dann nutzen sie die Olympia“, mokiert sich auch eine Freiwillig­e, die sich dennoch als unpolitisc­h bezeichnet. m Stadion sollte davon keine Rede mehr sein, Thomas Bach versteht sich in seiner Funktion als Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees auf den Hofknicks. In diesem Fall führte ihn der Weg gestern quer über die Ehrentribü­ne zur Schwester von Nordkoreas Diktator Kim Jong-un. Kim Yo-jong erwiderte den Small Talk, sie fühlte sich sichtlich wohl. Sie trat nicht ans Mikrofon, der südkoreani­sche Präsident schon: „Zwei Koreas sind jetzt ein vereintes Korea, der Sport hat große Kraft.“Staatstrag­ende Worte, die man in ähnlichem Wortlaut auch von Südafrikas verstorben­em Präsident Nelson Mandela kennt.

Die koreanisch­e Delegation,

Idie zuvor vereint als letzte der 92 Nationen unter einer Flagge ins Stadion marschiert war, sollte bei eisigen Temperatur­en ungeachtet der Proteste im Vorfeld warmherzig empfangen werden. Nicht anders die russische Delegation, die nach dem Dopingskan­dal unter neutraler Flagge starten muss. ährend 31 von 105 österreich­ischen Sportlern mit Skistar Anna Veith an der Spitze ins Oval einliefen („Das war ein absoluter Gänsehaut-Moment“), stellte die USA mit 242 Sportlern die größte Delegation. Wenn es im Vorfeld der Feier eine kleine Ungereimth­eit gab, dann am ehesten bei den Amerikaner­n: Eisschnell­lauf-Doppel-Olympiasie­ger Shani Davis vermutete hinter seiner Nicht-Berücksich­tigung als Fahnenträg­er rasPlattfo­rm

Wsistische Motive, ein Münzwurf hatte zugunsten von Rennrodler­in Erin Hamlin den Ausschlag gegeben. as Wichtigste ist es, dabei zu sein“, schloss Südkoreas Präsident Moon Jae-in. Da irrt der 65-Jährige, dieser Satz entspringt mehr dem olympische­n Protokoll als dem Gros der Sportlerme­inungen. Auch IOC-Präsident Thomas Bach träumte im Anschluss laut vom Weltfriede­n und bei den folklorist­isch intonierte­n Klängen von John Lennons „Imagine“hätte man das auch kurz glauben wollen. Aber irgendwann war der Eröffnungs­zauber vorbei – und zwar nachdem die koreanisch­e Eiskunstla­uf-Olympiasie­gerin Kim Yu-na das Feuer entzündet hatte. Als der letzte Zuschauer entschwund­en war, galt das wohl auch für die Bedeutung der Stehsätze zuvor.

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