Die Springer haben ihre Orientierung verloren
Über den verpatzten Olympia-Start der österreichischen Adler.
Alexander Pointner
Olympische Spiele schreiben eigene Gesetze. Ein Favorit kann in einem einzigen Moment tief fallen, ein Außenseiter hoch emporsteigen. Auf diesen Effekt bauten auch die österreichischen Skispringer auf der Normalschanze – leider vergebens. Mit dem Deutschen Andreas Wellinger gewann einer der Besten.
Im Vorfeld wurde viel dafür getan, in Pyeongchang mit neuer Frische an den Start zu gehen. Das Team um Stefan Kraft konzentrierte sich beim Heimtraining auf „Basics“und Regeneration. An und für sich ein guter Ansatz, zumal die Österreicher auch als Einzige auf einer Normalschanze trainieren konnten. Dennoch blieb man so im alten Trott: Auf eine schlechte Leistung folgten mehrere Trainingseinheiten und eine „Neujustierung“, die im Training griff, im Wettkampf nicht mehr. ie turbulenten Bedingungen hätten den erklärten Außenseitern in die Hände spielen können: Wenn die Favoriten schon keine Fehler machen, dann scheitern sie vielleicht am Wind. Doch bei den Österreichern fehlte mir dieses Freche, Mutige, das
DÜberraschungen möglich macht.
Die Devise „Wir haben nichts zu verlieren!“ging nach hinten los, denn sie stimmt einfach nicht. Das ÖSV-Team reiste nach Südkorea, um doch noch erfolgreich zu sein. Die österreichischen Adler haben in Wahrheit viel zu verlieren: Stellenwert, Fans, Sponsoren und vielleicht sogar Trainer. Das ist allen bewusst und niemand kann so tun, als wäre dem nicht so. uch das künstliche Heraufbeschwören von Glücksgefühlen bringt nichts, denn Gehirn und Körper lassen sich nicht täuschen. Wenn der Athlet auf dem Balken sitzt, zählen das Hier und Jetzt, der Druck und der Stress des so wichtigen Wettkampfs. Da kann er sich nicht vorstellen, in den Sonnenuntergang oder zu alten Erfolgen zu fliegen.
Die Springer haben ihre Orientierung verloren (Fettner nannte das Finale „versöhnlich“), einzig Kraft bleibt für mich authentisch. Dieser hat auf der Großschanze noch eine Chance – denn bei Olympia ist alles möglich.
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