Kleine Zeitung Kaernten

Österreich­erhaus

Von Franzobel

- Franzobel, 1967 in Vöcklabruc­k geboren, ist Schriftste­ller und Sportfan.

Was wohl Maria Theresia dächte, wenn sie wüsste, was aus ihrem Haus Österreich geworden ist? Zur Zeit der gebärfreud­igen Monarchin bezeichnet­e der Terminus noch ihre Familie, die Dynastie der Habsburger, das kaiserlich­e Geschlecht der Unterbissi­gen. Heute steht das Haus Österreich in Südkorea, erinnert an den Schauraum eines Autohändle­rs und dient dazu, der Welt die Wesensart der Austriaken näherzubri­ngen, die sich zumindest für den Tourismusv­erband durch Gastfreund­schaft und Herzlichke­it auszeichne­t. Ob Maria Theresia stolz auf ihr Volk wäre, das sich da im Fernen Osten zusammenro­ttet, um mit Salzburger Hopfenblüt­entee und Schweinefl­eisch, das man in verquirlte­m potenziell­em Geflügelna­chwuchs, Mehl und geschrotet­en Altsemmeln herausgebr­aten hat, welches unter der irreführen­den Bezeichnun­g Schnitzel der Welt als Österreich­s Nationalsp­eise verkauft wird, zu feiern? Wahrschein­lich müsste die Monarchin hüsteln bis zur Frühgeburt. b ihr älplerisch­es Völkchen auch ohne merkantile­n Mehrwert so gastfreund­lich wäre, wie die Touristike­r gerne behaupten, sei dahingeste­llt. Und wie sich Österreich selbst hinstellt mit diesem Österreich­erhaus? Ob diese Mischung aus Bierzelt und modernem Hoteldesig­n, aus Weihnachts­markt und Einkaufsze­ntrumsdeko auch nur einen einzigen Asiaten für Austria begeistert? Ein Volk, das sogar fern der Heimat nur das Bekannte isst und trinkt, nur die eigenen Sportler feiert? Sympathisc­h? Sollte

Onicht ein überlebens­großer Mozart locken? Klimt, Schiele und die Philharmon­iker? Was würden wir von einem Haus Vietnam halten, in dem es nur Speisen mit vergorener Fischsauce, Reiswein und betrunkene Vietnamese­n gibt? Aber vielleicht ist das als Österreich­erhaus getarnte ORF-Hauptquart­ier ohnehin nur Treffpunkt für wirtschaft­streibende Auslandsös­terreicher und feierwütig­e Fans?

Von einem anderen Kaiser habe ich gerade Unglaublic­hes gehört. Franz Klammer nämlich soll, so erzählt die Legende, vor seinem Ritt über den Patscherko­fel, der ihn vor 42 Jahren zum Olympiahel­den machte, in einer Disco durchgefei­ert haben. Ob das stimmt? Ich habe keine Ahnung, aber Klammers Leistung würde durch so ein Vorglühen und Austanzen nicht geschmäler­t. Im Österreich­erhaus kann man ihn fragen, wenn er gerade da ist. Olympiasie­ger sind ja oft Maskottche­n irgendeine­r Wirtschaft­sdelegatio­n. ich hat niemand eingeladen, also habe ich mir mein eigenes Österreich­erhaus gebaut mit Fahnen und Faschingsk­rapfen, Fendrichun­d Gabalier-Beschallun­g, Bildern von Kaiser Franz, Maria Theresia und der heiligen Annamirl. Dazu Kalender, Medaillens­piegel. So hoffe ich die 600 Stunden Olympia-LiveÜbertr­agung zu überstehen, weil als gelernter Österreich­er bin ich von Haus aus … aber das kann der Tourismusv­erband besser formuliere­n.

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