Österreicherhaus
Von Franzobel
Was wohl Maria Theresia dächte, wenn sie wüsste, was aus ihrem Haus Österreich geworden ist? Zur Zeit der gebärfreudigen Monarchin bezeichnete der Terminus noch ihre Familie, die Dynastie der Habsburger, das kaiserliche Geschlecht der Unterbissigen. Heute steht das Haus Österreich in Südkorea, erinnert an den Schauraum eines Autohändlers und dient dazu, der Welt die Wesensart der Austriaken näherzubringen, die sich zumindest für den Tourismusverband durch Gastfreundschaft und Herzlichkeit auszeichnet. Ob Maria Theresia stolz auf ihr Volk wäre, das sich da im Fernen Osten zusammenrottet, um mit Salzburger Hopfenblütentee und Schweinefleisch, das man in verquirltem potenziellem Geflügelnachwuchs, Mehl und geschroteten Altsemmeln herausgebraten hat, welches unter der irreführenden Bezeichnung Schnitzel der Welt als Österreichs Nationalspeise verkauft wird, zu feiern? Wahrscheinlich müsste die Monarchin hüsteln bis zur Frühgeburt. b ihr älplerisches Völkchen auch ohne merkantilen Mehrwert so gastfreundlich wäre, wie die Touristiker gerne behaupten, sei dahingestellt. Und wie sich Österreich selbst hinstellt mit diesem Österreicherhaus? Ob diese Mischung aus Bierzelt und modernem Hoteldesign, aus Weihnachtsmarkt und Einkaufszentrumsdeko auch nur einen einzigen Asiaten für Austria begeistert? Ein Volk, das sogar fern der Heimat nur das Bekannte isst und trinkt, nur die eigenen Sportler feiert? Sympathisch? Sollte
Onicht ein überlebensgroßer Mozart locken? Klimt, Schiele und die Philharmoniker? Was würden wir von einem Haus Vietnam halten, in dem es nur Speisen mit vergorener Fischsauce, Reiswein und betrunkene Vietnamesen gibt? Aber vielleicht ist das als Österreicherhaus getarnte ORF-Hauptquartier ohnehin nur Treffpunkt für wirtschaftstreibende Auslandsösterreicher und feierwütige Fans?
Von einem anderen Kaiser habe ich gerade Unglaubliches gehört. Franz Klammer nämlich soll, so erzählt die Legende, vor seinem Ritt über den Patscherkofel, der ihn vor 42 Jahren zum Olympiahelden machte, in einer Disco durchgefeiert haben. Ob das stimmt? Ich habe keine Ahnung, aber Klammers Leistung würde durch so ein Vorglühen und Austanzen nicht geschmälert. Im Österreicherhaus kann man ihn fragen, wenn er gerade da ist. Olympiasieger sind ja oft Maskottchen irgendeiner Wirtschaftsdelegation. ich hat niemand eingeladen, also habe ich mir mein eigenes Österreicherhaus gebaut mit Fahnen und Faschingskrapfen, Fendrichund Gabalier-Beschallung, Bildern von Kaiser Franz, Maria Theresia und der heiligen Annamirl. Dazu Kalender, Medaillenspiegel. So hoffe ich die 600 Stunden Olympia-LiveÜbertragung zu überstehen, weil als gelernter Österreicher bin ich von Haus aus … aber das kann der Tourismusverband besser formulieren.
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