Meeresspiegel steigt immer schneller
Durch die Erderwärmung könnten die Pegel 2100 doppelt so hoch stehen als vermutet. Und das sind nur vorsichtige Schätzungen.
Es sind eher düstere Prognosen, die Klimaforscher unter Berufung auf Satellitendaten zeichnen: Der Meeresspiegel steigt jährlich etwas schneller – und der Zuwachs könnte über das Doppelte des bisher angenommenen Ausmaßes ausmachen. Seit 1993 stieg der Meeresspiegel im weltweiten Durchschnitt jährlich um etwa drei Millimeter. Die nun gemessene Beschleunigung könnte dazu führen, dass der Anstieg im Jahr 2100 zehn Millimeter pro Jahr beträgt.
Das berichtet eine Forschergruppe rund um Steve Nerem von der University of Colorado in Boulder. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte demnach der Durchschnittspegel an den Küsten um 65 Zentimeter höher liegen als im Jahr 2005 – bisher waren häufig etwa 30 Zentimeter angenommen worden. „Und das ist mit ziemlicher SicherNach heit eine vorsichtige Schätzung“, erklärt Nerem. Der Anstieg wird wahrscheinlich noch höher ausfallen als von den Forschern prognostiziert. Der Weltklimarat war 2014 bereits von einem beschleunigten Anstieg der Pegel ausgegangen.
Nerem und Kollegen verwendeten die längste bisher vorhandene Satellitenmessreihe zur globalen Meereshöhe. Sie begann mit dem Start des Erdbeobachtungssatelliten „Topex/ Poseidon“im August 1992 und wurde mit den drei „Jason“-Satelliten fortgesetzt. Die Wissenschaftler berücksichtigten mehrere verschiedene Faktoren, die den globalen Meeresspiegel beeinflussen, etwa das Klimaphänomen El Niño im Pazifik. Auch die Schwankungen in den Wassermengen, die an Land gespeichert werden, gingen in die statistische Analyse ein.
Berücksichtigung all dieser Faktoren errechnete das Team eine jährliche Beschleunigung des globalen Meeresspiegelanstiegs um 0,08 Millimeter. Es ergibt sich also eine exponentielle Kurve mit stets zunehmenden Anstiegsraten. Verantwortlich für den Anstieg ist zum einen das Abschmelzen der Eisschilde, zum anderen der Umstand, dass Wasser sich bei Erwärmung ausdehnt.
„Die Studie stellt sehr glaubhaft dar, dass es eine Beschleunigung des Anstiegs gibt“, urteilt Ingo Sasgen vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. Die Forscher hätten nicht nur neue Messdaten verwendet, sondern diese auch sehr gründlich ausgewertet. So seien zahlreiche Effekte, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, herausgerechnet worden.