Kreuz-Zeichen
Kunst im Klagenfurter Dom: Das diesjährige Projekt zur Fastenzeit kommt von Brandy Brandstätter. Er legt den Gläubigen ein Kreuz in den Weg.
Ein Kreuz im Weg. Und zwar im doppelten Wortsinn: Dieses Kreuz zwingt die Kirchengänger zu Umwegen oder – wer sich traut – auch zum Durchschlängeln. Es ist im Weg, weil es mitten auf dem Weg installiert ist. Mit seinem „Kunst im Dom“-Projekt verändert und behindert der Grafiker Brandy Brandstätter die Sicht auf das Wesentliche, auf den Altar. Während in anderen Kirchen Fastentücher diese Funktion übernehmen, wurden im Dom 129 Edelstahl-Stelen montiert, die Kleinsten gerade einmal vier Zentimeter hoch, am Ende bereits 4,20 Meter.
Ein ansteigendes Lichtermeer, denn auf allen Stelen werden während der Gottesdienste Kerzen entzündet: „Die brennenden Kerzen erinnern an die Form der ersten Gottesoffenbarung im Alten Testament. Im brennenden Dornbusch zeigte sich jenes Feuer, das brennt, aber nichts verzehrt. Feuer wärmt aber nicht nur, sondern kann auch gefährlich werden. Sobald jemand mit der Leidenschaft des Feuers eine eigene Meinung vertritt – dann weg. In einer Zeit, in der jede Meinung gleich gültig ist, hat alles gleichgültig zu sein“, erklärt Dompfarrer Peter Allmaier. Die Kerzen aus rotem, leicht rinnendem Wachs sollen die Stelen entlang ihre Spuren hinterlassen und so den Eindruck von „geronnenem Blut“hinterlassen – ein Hinweis auf den Karfreitag, an dem zum entflammten Zeugnis eines „Kreuzwegs“dann auch noch der Gekreuzigte selbst kommt: Er wird während des Gottesdienstes von Peter Allmaier auf einer der Stelen montiert und dann über der Installation schweben.
Mit dem Kreuz will Brandy Brandstätter aber auch ein Zeichen der Orientierung bieten, denn dieses „begleitet einen das ganze Leben lang“, so der 69Jährige, der schon lange den Wunsch hatte, etwas im Dom zu machen: „Es hat mich gereizt, etwas zu finden, das zu der barocken Üppigkeit passt.“
Der ursprüngliche Plan sah überhaupt eine Überbauung der Sitzreihen vor, ein „Golgota“, auf dem die Gläubigen es sich erst gar nicht bequem machen können. Obwohl weit ge-
diehen, war diese Überbauung dann doch zu kompliziert. Das nun entstandene Kreuz erinnert auch an eine frühere Arbeit von Brandstätter, die er zum 90. Geburtstag von Ingeborg Bachmann schuf: Da übertrug er das Konterfei der Autorin auf 3,5 Meter hohe Stelen, die Installation hat mittlerweile im Klagenfurter Bachmann-Gymnasium eine Heimstätte gefunden.
Überhaupt hat sich Brandy Brandstätter – der gebürtige Wolfsberger arbeitet seit 1973 als Grafikdesigner in Klagenfurt
– zuletzt immer mehr in Richtung Kunst orientiert. Unter anderem werden ab 10. März im Hotel „Ronacher“in Bad Kleinkirchheim „Köpfe“gezeigt, wie er sie schon im Vorjahr in der Pörtschacher Galerie „Kopfbahnhof“zum kärntenweiten Projekt „kopf-head-glava“beigesteuert hat. Bei dieser Vernissage kam er übrigens auch mit Peter Allmaier ins Gespräch – und das Ergebnis ist jenes Kreuz, das nun im Dom den Gläubigen den Weg weist, indem es „im Weg ist“.