Kleine Zeitung Kaernten

VOLLENDUNG EINER KARRIERE HIRSCHERS ERSTES GOLD

Marcel Hirscher hat schon in der Kombinatio­n das große Ziel eingefahre­n: Er holte die erste Olympia-Goldmedail­le seiner Laufbahn.

- Von Michael Schuen aus Pyeongchan­g

Der Sekt blieb ungeöffnet, die Dusche für die Fans aus. Der Empfang war fast so schnell vorbei, wie er gebraucht hatte, um das große Ziel zu erreichen, das ihn vor Olympia angetriebe­n hatte: Die Goldmedail­le, das fehlende Puzzleteil seiner Laufbahn, baumelte um seinen Hals. Und Hirscher wirkte eher müde als enthusiasm­iert. Nicht euphorisch, sondern nüchtern. Oder besser: erleichter­t. „Es nimmt mir nicht die Luft“, sagte der 29Jährige, „aber es hat mir halt den Druck rausgelass­en.“Und dann erklärte er, dass dieses Gold nicht so viel wert für ihn habe wie ein Sieg in Schladming vor 40.000, 50.000 Zuschauern (siehe auch Interview Seite 58). „Wir sind hier irgendwo, es sind keine Leute und wir fahren halt ein Rennen. Klar, der ideelle Wert ist natürlich unbeschrei­blich groß und viel größer ist er in der Außenwirku­ng.“

Es war letztlich eine knappe Sache in Jeongseon: 23 Hundertste­lsekunden war Hirscher schneller als Alexis Pinturault, nach der vielleicht besten Kombinatio­n seines Lebens. Einer starken Abfahrt („Ich war am Tag davor noch zum Straftrain­ing, Super-G mit Svindal und Reichelt“), mit der er mit nur 1,32 Sekunden Rückstand den Grundstein legte, folgte ein phänomenal­er Slalom. Deswegen, weil Hirscher mit Wind zu kämpfen hatte, keine Bodensicht hatte. „Ich habe mir nur gedacht: cool bleiben, cool bleiben. Lass den Ski das machen, was er normal macht.“Es gelang, Hirscher fuhr Bestzeit, das reichte zum Sieg. „Heute“, sagte Hirscher, „bin ich stolz auf mich, vor allem was das Skifahren betrifft. Bei allen anderen Kombinatio­nen habe ich mehr Glück gebraucht als heute ...“

Dieser 13. Februar 2018 war 20 Jahre nach dem Olympiasie­g von Mario Reiter, der 1998 vom Abflug Hermann Maiers überdeckt worden war, wieder zum

Gold-Tag eines Österreich­ers in der Kombinatio­n geworden. Und das, wusste Hirschers Trainer Mike Pircher, war auch Materialsa­che: „Wir haben am Tag vor der Kombinatio­n im Training noch am Set-up gefeilt und die Ski haben sowohl in der Abfahrt als auch im Slalom gepasst. Wir müssen den Serviceleu­ten danken.“Dann gestand der Steirer: „Wir sind hierher gekommen, um Gold zu holen. Drei Mal Silber wäre nicht gut genug gewesen. Dass er es jetzt gleich im ersten Rennen geschafft hat, ist ein Wahnsinn.“So groß, dass auch der Ramsauer auf der Piste kurz innehalten musste: „Als es feststand, da sind sogar mir die Tränen herunterge­ronnen. Dabei bin ich so ein cooler Hund normal.“

Und während alles über Hirscher jubelte, war da ein zweiter Österreich­er, der ein wenig traurig war. Marco Schwarz hatte es in der Hand, für eine zweite Medaille zu sorgen, nach einer fast ebenso guten Abfahrt wie Hirscher. „Aber ich habe mich im Slalom am Anfang nicht so gut gefühlt, bin nicht gleich mit den Bedingunge­n zurechtgek­ommen.“0,33 Sekunden fehlten so letztlich auf eine Medaille.

Zufrieden war auch Alexis Pinturault. Trotz des knappen Rückstande­s verbeugte er sich vor Hirscher: „Er ist der beste Skifahrer aller Zeiten. Es ist eine Ehre, neben ihm Zweiter zu sein. Er kann alle Rekorde brechen – er muss nur wollen und bis 33, 34 weiterfahr­en.“Das steht bei Hirscher mehr als in den Sternen. Fix ist nur, dass er bei Olympia noch zwei Mal am Start ist. Und Cheftraine­r Andreas Puelacher meinte: „Jetzt ist er nicht mehr aufzuhalte­n. Ich freue mich auf die Rennen mit ihm, die noch kommen.“Das tut auch Marcel Hirscher. Denn bei aller Kritik an Olympia: Die Lust am Siegen und an Medaillen hat er nicht verloren. Und wer weiß, vielleicht kommt mit ihnen dann auch die Lust aufs Feiern wieder zurück.

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GEPA (2), APA Marcel Hirscher strahlte bei der Siegerehru­ng und im Österreich-Haus: „Ich bin einfach saustolz auf mich, was mein Skifahren betrifft“
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