Valentinstag: Hochamt der Liebe
Tratschen via Snapchat, Treffen via DatingApp, Sex mit Robotern: Tinder statt Treue, mehr Begierde, weniger Beziehung. Ist die „normale Liebe“in Gefahr? Muss nicht sein.
1 Kann so etwas Irrationales wie Liebe in einer rationalen Welt bestehen?
ANTWORT: Wuchernder Individualismus, der Trend zur Selbstoptimierung, die schwindende Bedeutung der Ehe und Familie als wirtschaftliches Sicherheitsnetz: Leicht hat es die Liebe derzeit nicht – hatte sie es aber noch nie, weil sie damals wie heute Gegenpole verschmelzen soll. Lodernde Leidenschaft und biedere Beständigkeit, fidelen Freiheitsdrang und gemütliche Geborgenheit. Kann diese Sehnsucht erfüllt werden? Zumindest verspricht es die Liebe.
2 Was passiert, wenn man sich verliebt?
ANTWORT: Von wegen Schmetterlinge im Bauch: Die Liebe spielt zwei Stockwerke weiter oben Rock ’n’ Roll – im Hirn. Gleich vier Bereiche des limbischen Systems werden aktiv, wenn man eine angehimmelte Person erblickt. Die Hormonrallye beginnt. Botenstoffe, die für das Aufeinandereinlassen (Vertrauenshormon) und das Festigen einer Bindung (Treuehormon) zuständig sind, werden gebildet. Dank dem Euphorie auslösenden Dopamin, dem aufputschend wirkenden Adrenalin und dem „Verliebtheitshormon“Phenethylamin wird ein Glücksgefühl ausgelöst. Parallel werden Areale inaktiv, die für die kritische Beurteilung von Emotionen zuständig sind. Das „Verrückt-nach-dem-anderen-Sein“hat also einen wahren Hintergrund – dauert aber im Regelfall nur vier Jahre. Dann pendelt sich der Hormonspiegel wieder auf Normalniveau ein. Was bleibt? Echte Liebe.
3 Alles wird schneller – auch die Liebe?
ANTWORT: Personen haben bis zu ihrem 30. Geburtstag heute durchschnittlich 3,6 Beziehungen hinter sich. Auch diesbezüglich hat sich das Leben beschleunigt: Ihre Großelterngeneration hatte mit 60 gerade einmal 2,7 Mal „Schluss gemacht“.
4 Was bringen Liebesbezeugungen – und wie verbreitet sind sie?
ANTWORT: Auf der Startgeraden einer Beziehung geht es ganz automatisch: Liebesbotschaften an den Partner sprudeln wie aus einer Hochdruckquelle. Ist man in den Alltagsrunden einer Partnerschaft angekommen, werden sie seltener, verlieren aber nichts von ihrer bindenden Wirkung, weil sie die Bezie-
hung frisch halten – vor allem wenn sie überraschend und nicht geplant kommen oder kalendarischen Festtagen folgen. Also auch abseits von Valentins-, Mutter-, Vater- oder Hochzeitstag dem Partner sagen, wie gern man ihn hat. 30 Prozent der Österreicher machen das mehrmals pro Tag, elf Prozent sagen zumindest einmal täglich „Ich liebe dich!“. 24 Prozent der Österreicher sagen die Zauberformel an mehreren Tagen pro Woche, sieben Prozent mindestens ein Mal. 23 Prozent tun es seltener, fünf Prozent gar nicht.
5 Wisch & weg: VerändernTinder,Instagram & Co. die Partnersuche?
ANTWORT: Die Partnerwahl mittels Smartphone-Apps wie Tinder oder grell ausgeleuchtete Selbstinszenierungsbühnen wie Instagram, Facebook & Co. haben den Kriterienkatalog für die Suche nach Kurz- oder Langzeitpartner für Liebe, Lust und Leidenschaft massiv verändert. Noch vor dem ersten Date wird eine Rasterfahndung über sämtliche Social-Media-Profile gelegt. Gelegenheit macht Liebe? Immer seltener.