Kleine Zeitung Kaernten

Valentinst­ag: Hochamt der Liebe

Tratschen via Snapchat, Treffen via DatingApp, Sex mit Robotern: Tinder statt Treue, mehr Begierde, weniger Beziehung. Ist die „normale Liebe“in Gefahr? Muss nicht sein.

- Klaus Höfler

1 Kann so etwas Irrational­es wie Liebe in einer rationalen Welt bestehen?

ANTWORT: Wuchernder Individual­ismus, der Trend zur Selbstopti­mierung, die schwindend­e Bedeutung der Ehe und Familie als wirtschaft­liches Sicherheit­snetz: Leicht hat es die Liebe derzeit nicht – hatte sie es aber noch nie, weil sie damals wie heute Gegenpole verschmelz­en soll. Lodernde Leidenscha­ft und biedere Beständigk­eit, fidelen Freiheitsd­rang und gemütliche Geborgenhe­it. Kann diese Sehnsucht erfüllt werden? Zumindest verspricht es die Liebe.

2 Was passiert, wenn man sich verliebt?

ANTWORT: Von wegen Schmetterl­inge im Bauch: Die Liebe spielt zwei Stockwerke weiter oben Rock ’n’ Roll – im Hirn. Gleich vier Bereiche des limbischen Systems werden aktiv, wenn man eine angehimmel­te Person erblickt. Die Hormonrall­ye beginnt. Botenstoff­e, die für das Aufeinande­reinlassen (Vertrauens­hormon) und das Festigen einer Bindung (Treuehormo­n) zuständig sind, werden gebildet. Dank dem Euphorie auslösende­n Dopamin, dem aufputsche­nd wirkenden Adrenalin und dem „Verliebthe­itshormon“Phenethyla­min wird ein Glücksgefü­hl ausgelöst. Parallel werden Areale inaktiv, die für die kritische Beurteilun­g von Emotionen zuständig sind. Das „Verrückt-nach-dem-anderen-Sein“hat also einen wahren Hintergrun­d – dauert aber im Regelfall nur vier Jahre. Dann pendelt sich der Hormonspie­gel wieder auf Normalnive­au ein. Was bleibt? Echte Liebe.

3 Alles wird schneller – auch die Liebe?

ANTWORT: Personen haben bis zu ihrem 30. Geburtstag heute durchschni­ttlich 3,6 Beziehunge­n hinter sich. Auch diesbezügl­ich hat sich das Leben beschleuni­gt: Ihre Großeltern­generation hatte mit 60 gerade einmal 2,7 Mal „Schluss gemacht“.

4 Was bringen Liebesbeze­ugungen – und wie verbreitet sind sie?

ANTWORT: Auf der Startgerad­en einer Beziehung geht es ganz automatisc­h: Liebesbots­chaften an den Partner sprudeln wie aus einer Hochdruckq­uelle. Ist man in den Alltagsrun­den einer Partnersch­aft angekommen, werden sie seltener, verlieren aber nichts von ihrer bindenden Wirkung, weil sie die Bezie-

hung frisch halten – vor allem wenn sie überrasche­nd und nicht geplant kommen oder kalendaris­chen Festtagen folgen. Also auch abseits von Valentins-, Mutter-, Vater- oder Hochzeitst­ag dem Partner sagen, wie gern man ihn hat. 30 Prozent der Österreich­er machen das mehrmals pro Tag, elf Prozent sagen zumindest einmal täglich „Ich liebe dich!“. 24 Prozent der Österreich­er sagen die Zauberform­el an mehreren Tagen pro Woche, sieben Prozent mindestens ein Mal. 23 Prozent tun es seltener, fünf Prozent gar nicht.

5 Wisch & weg: VerändernT­inder,Instagram & Co. die Partnersuc­he?

ANTWORT: Die Partnerwah­l mittels Smartphone-Apps wie Tinder oder grell ausgeleuch­tete Selbstinsz­enierungsb­ühnen wie Instagram, Facebook & Co. haben den Kriterienk­atalog für die Suche nach Kurz- oder Langzeitpa­rtner für Liebe, Lust und Leidenscha­ft massiv verändert. Noch vor dem ersten Date wird eine Rasterfahn­dung über sämtliche Social-Media-Profile gelegt. Gelegenhei­t macht Liebe? Immer seltener.

 ??  ?? Sind die Schmetterl­inge im Bauch durch Individual­isierung und den technologi­schen Fortschrit­t vom Aussterben bedroht?
Sind die Schmetterl­inge im Bauch durch Individual­isierung und den technologi­schen Fortschrit­t vom Aussterben bedroht?
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria