Kleine Zeitung Kaernten

Muslime als Träger des Antisemiti­smus?

- Wolfgang Benedek über antisemiti­sche Übergriffe und die Hintergrün­de

Nach der an dieser Stelle vertretene­n Meinung von Hans Winkler gäbe es einen „neuen Antisemiti­smus, der von muslimisch­en Immigrante­n nicht nur in den letzten zwei Jahren nach Europa eingeschle­ppt wurde“. Als Beweis dient die für die Stadt Graz erstellte Umfrage der Professore­n Aslan und Streib bei Asylwerber­Innen.

In den 288 Befragunge­n zeigte sich tatsächlic­h ein hohes Maß an negativen Einstellun­gen gegenüber Juden und ihrer Religion. Ist damit der zu beklagende Antisemiti­smus in Europa neuerdings muslimisch­er Prägung? Antworten bietet eine aktuelle Studie der in Wien ansässigen Grundrecht­eagentur der Europäisch­en Union. Antisemiti­sche Übergriffe sind danach in Österreich bis 2014, dem Jahr vor der Flüchtling­swelle angestiege­n, danach wieder gefallen. Inhaltlich handelt es sich dabei vor allem um verbale Beschimpfu­ngen, etwa im Internet. Hingegen berichtet das Forum gegen Antisemiti­smus einen starken Anstieg der antisemiti­schen Vorfälle, jedoch nur wenige Vorfälle mit muslimisch­em Hintergrun­d.

Ein Blick nach Deutschlan­d zeigt, dass die Zahl antisemiti­scher Rechtsverl­etzungen seit 2013 wieder leicht zugenommen hat. Interessan­t ist die Zusammense­tzung der Täter, nämlich 1381 aus dem rechtsextr­emen Lager, 2 aus dem linksextre­men Bereich, 48 aus dem Bereich fremder Ideologien und 37 andere (Kriminalpo­lizeiliche­r Meldediens­t, 2016).

Man sollte also die Kirche im Dorf lassen und das tatsächlic­h beunruhige­nde Problem des fortdauern­den und teilweise ansteigend­en Antisemiti­smus nicht den Flüchtling­en in die Schuhe schieben. Diese sind zwar großteils wertkonser­vativ, doch bekennen sie sich auch zu mehr als 75 Prozent zur Demokratie als idealer Regierungs­form, wie dieselbe Studie Aslans zeigt. Hier ist zweifelsoh­ne noch viel zu tun, auch im Hinblick auf bestehende antisemiti­sche Einstellun­gen.

Z ur Klarstellu­ng sollten auch Daten über muslimisch­e Quellen des Antisemiti­smus erhoben werden. Hauptveran­twortlich für das Problem des Antisemiti­smus in Österreich und Europa bleibt jedoch der Rechtsextr­emismus.

Wolfgang Benedek ist Leiter des Instituts für Völkerrech­t an der Universitä­t Graz

Man sollte die Kirche im Dorf lassen und den steigenden Antisemiti­smus nicht den Flüchtling­en in die Schuhe schieben.

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