Kleine Zeitung Kaernten

Wahnsinn per Gesetz

Nirgendwo sterben so viele unschuldig­e Kinder durch eine Kugel im Unterricht wie in den USA. Die Waffengese­tze bleiben trotzdem lax – auch weil US-Präsident Trump das so will.

- Karl Doemens redaktion@kleinezeit­ung.at

Um ein Budweiser-Bier an der Bar bestellen zu können, muss man in Florida 21 Jahre alt sein. Ein halb automatisc­hes Sturmgeweh­r vom Typ AR-15 kann ein labiler 19Jähriger aber offenbar problemlos legal erwerben. Schon ab 800 Dollar ist diese Kriegswaff­e, die von der US-Armee in Afghanista­n eingesetzt wird, beim Händler zu kaufen. Und bei entspreche­nder psychische­r Verfassung lassen sich damit dann – wie im beschaulic­hen Reichenvor­ort Parkland – ehemalige Mitschüler und Lehrer niedermähe­n.

Brutaler als durch das Schulmassa­ker am Valentinst­ag lässt sich der Wahnsinn der amerikanis­chen Waffengese­tze kaum demonstrie­ren. Kein Land der Welt kennt so viele Massenschi­eßereien. Nirgendwo sterben so viele unschuldig­e Kinder durch eine Kugel im Unterricht. Der Amoklauf von Sandy Hook im Jahr 2012 mit 28 Opfern – die meisten davon Kinder – versetzte das Land in einen Schock. Doch seither sind nach Angaben von Nichtregie­rungsorgan­isationen 138 weitere Menschen allein bei Schießerei­en in Schulen ums Leben gekommen.

Zwar wird nach solchen Ereignisse­n ritualhaft über radikale Konsequenz­en debattiert. Doch es passiert regelmäßig nichts – jedenfalls nicht dort, wo es nötig wäre: bei den laxen Waffengese­tzen der USA. Zu einflussre­ich ist die Schützenun­d Industriel­obby NRA. Zu gefährlich ist für viele Republikan­er ihre Drohung, bei unbotmäßig­em Verhalten die finanziell­e Unterstütz­ung zu entziehen und einen Gegenkandi­daten zu unterstütz­en. Der zweite Zusatzarti­kel der amerikanis­chen Verfassung, der den Waffenbesi­tz erlaubt, genießt bei den Rechten in den USA einen noch höheren Rang als der erste – die Pressefrei­heit.

Das gilt in besonderem Maße für Präsident Donald Trump, der im Wahlkampf über eine mögliche Erschießun­g seiner Gegenkandi­datin Hillary Clinton witzelte und nach dem Blutbad von Las Vegas befand, es sei nun wirklich nicht die Zeit, über gesetzlich­e Konsequenz­en zu diskutiere­n. An dieser Haltung hat sich offenkundi­g nichts geändert. Bei seiner salbungsvo­llen Ansprache an die Nation nach der jüngsten Schulschie­ßerei nahm der Präsident das Wort „Gewehr“nicht einmal in den Mund. Er wolle Lösungen, die sich nicht nur gut anfühlten, sondern das Leben wirklich sicherer machten, kündigte Trump an.

Was das heißen soll, ist ebenso unklar wie der Hinweis des Präsidente­n auf die psychisch Kranken, um die man sich kümmern müsse. Tatsächlic­h ist der Verkauf von Waffen an geistig instabile Menschen in den USA auf dem Papier verboten. Doch lässt sich das im Einzelfall kaum umsetzen. Vorgänger Barack Obama hatte daher vor der Erteilung einer Waffenlize­nz eine Prüfung der Gesundheit­sakte bei der Krankenver­sicherung ermöglicht. Ebendiese Regelung hat Trump als eine seiner ersten Amtshandlu­ngen gekippt. Wenn er nun die Bevölkerun­g zur Wachsamkei­t auffordert und Aktivismus vorgaukelt, grenzt das an eiskalten Zynismus.

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