Bewegen gegen das Vergessen
Drei Klagenfurter Pflegeheime setzen mit der Fachhochschule Kärnten auf mehr Bewegung für ihre an Demenz erkrankten Bewohner.
Ich bin bei der Bewegung aufgeblüht“, sagt eine an Demenz erkrankte über 90-Jährige, die beim Projekt „Gesundheit in Bewegung 2.0“der Fachhochschule Kärnten (FH) teilgenommen hat. „Acht von zehn Menschen haben heutzutage in Pflegeheimen eine Art von Demenz“, weiß Eva Maria Malle, die den Fachbereich stationäre Betreuung und Pflege der Caritas Kärnten leitet.
Menschen mit Demenz sind in ihren motorischen Funktionen eingeschränkt. Die Angst vor Stürzen ist groß und der damit zusammenhängende Aktivitätsrückgang reduziert die körperliche Beweglichkeit. Dabei kann sich Bewegung positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken. Zu diesem Schluss sind auch die Demenz-Expertinnen Doris Gebhard und Christina Schmid der Fachhochschule Kärnten gekommen. In ihrem Bewegungsprogramm „Gesundheit in Bewegung 2.0“bieten sie neben einer wissenschaftlichen Aufarbeitung Übungen für die Praxis wie „Luftballontanz“und „Hochbeet bepflanzen“samt Handbuch an.
Selbst nach Projektende sind die Teilnehmer vom Haus Harbach der Diakonie de La Tour sowie dem Franziskusheim und Haus Martha der Caritas Kärnten in Klagenfurt immer noch mit Freude am Trainieren. Dabei war der Start nicht so einfach. Oft hörten die Trainer: „Will nicht, mag nicht!“Doch mit der Zeit kam die Selbstsicherheit und damit die Lust am Angebot. „Mittlerweile freuen sich alle auf ihren Fixpunkt in der Woche. Oft reden und rätseln sie auf dem Gang miteinander, was wir wohl diesmal Tolles machen könnten“, sagt Fachsozialbetreuerin Heidi Bachlechner aus dem Haus Martha.
Auch in den anderen beiden
Klagenfurter Pflegeheimen wird das Konzept nach Projektende weitergeführt – wenn auch abgewandelt. „Im Haus Harbach sind die Übungen in das Alltagskompetenztraining eingeflossen“, sagt Sonja Kölich von der Pressestelle der Diako- nie de La Tour. Aktuell beteiligen sich im Franziskusheim 15 Bewohner mit Demenz am Folgeprogramm „Humor in Bewegung“. „Die Kurse sind sehr beliebt“, sagt Schwester Vinka Biljesko. Die Pflegedienstleiterin konnte mit Freude feststellen, dass die Teilnehmenden bedeutend leistungsfähiger wurden. Die Übungseinheiten haben laut Schwester Vinka einen positiven Einfluss auf das kognitive Denken, die Mobilität und das allgemeine Wohlbefinden. Die Bewegung unterstütze die Senioren bei der Ausübung von Alltagstätigkeiten wie sich zu waschen oder selbstständig zu essen. „Die Sturzgefahr hat deutlich abgenommen“, sagt Schwester Vinka. All das ist in der Pflege hilfreich.
Als erstes österreichisches Projekt erhielt „Gesundheit in Bewegung 2.0“den Preis der deutschen „Rudi Assauer Initiative für Demenz und Gesellschaft“.