Wunderkammer einer Milliardärin
Heidi Goëss-Horten zeigt erstmals öffentlich ihre exquisite private Kunstsammlung. Der Titel der Ausstellung im Leopold Museum Wien verspricht nicht zu viel: WOW!
Da rätselte im Juli 1996 sogar die „New York Times“, nachdem die damalige Sotheby’s-Geschäftsführerin Agnes Husslein in London für einen anonymen Telefonbieter en gros Kunstwerke ersteigert hatte. Von einem „mystery buyer“beim „wild shopping“schrieb die US-Zeitung, und manche murmelten nach der Auktion gar von einem kunstsinnigen „Mafiaboss“.
Aber der Anruf war nicht aus Sizilien gekommen, sondern aus Sekirn. Von Heidi Horten. Die aus Wien gebürtige, in Kärnten lebende Milliardärin kaufte damals Paul Klees „Geschwister“, Francis Bacons „Study for a Female Figure“, Marc Chagalls „Les Amoureux“, das bis heute ihr Lieblingsbild ist, und dazu weitere Schätze
von Auguste Renoir bis Lucian Freud. Gesamtkosten: rund 18 Millionen Euro.
von damals sind der Grundstock der Sammlung“, erklärte Kunstmanagerin Husslein am Donnerstag bei der Präsentation von 170 der 700 Werke aus der Horten Collection, die nun im Leopold Museum in Wien zu sehen sind. In den neun Räumen im 4. Stock hält der Titel der von Husslein kuratierten Schau jedenfalls, was er verspricht: WOW!
„Ich hoffe, Sie sind so erstaunt wie wir“, sagte folgerichtig Hans-Peter Wipplinger über den exquisiten „Gang durch mehr als 100 Jahre Kunstgeschichte“, der mit einem Potpourri aus Tiermotiven beginnt – samt einem Bronzegorilla von François-Xavier Lalanne, der sonst seine Chefin beim Heimkommen begrüßt. Der Museumsdirektor betonte die Querverbindungen zu seinem Haus mit schönen Arbeiten von Egon Schiele, Gustav Klimt und den deutschen Expressionisten. Und Wipplinger sprach zudem bewusst Helmut Hortens „wirtschaftliche Verwicklungen in der Nazi-Zeit“an. Der deutsche Kaufhauskönig, der seiner Frau Heidi nach seinem Tod 1987 rund eine Milliarde Euro vererbte, hatte ja durch den Aufkauf arisierter Warenhäuser enorm profitiert – darauf weise man in Begleittexten zur Ausstellung explizit hin.
Heidi Horten, mit ihrem derzeitigen Vermögen von 2,74 Milliarden Euro die reichste Frau Österreichs, fehlte gestern bei der Pressekonferenz noch.
eröffnete die Medienscheue ihre selbst finanzierte Ausstellung vor großer Prominenz dann natürlich doch persönlich. Die im Aufsichtsrat des Museums sitzende Husslein lobte ihre langjährige Freundin „für den Geschmack, die Empathie, den Durchsetzungswillen“. Auch für die Offenheit. Denn neben Klassikern der Moderne wie Munch und Nolde oder Werkgruppen von Picasso, Chagall, Warhol oder Lucio Fontana hat in der Kollektion auch ganz Neues Platz, etwa von Sylvie Fleury oder Erwin Wurm.
Horten, seit 2015 mit dem Adeligen Kari Goëss verheiratet und seit Dienstag 77, lebt gern mit ihren Kunstwerken. „Die sind wie Kinder für sie“, verriet Husslein, warum die imposante Wunderkammer leider nur für fünf Monate in Wien offensteht. Danach grüßt auch der Riesengorilla wieder am Wörthersee.