Merkwürdiges Muskelspiel
Der Euro hat zum Dollar seit 2016 um fast 20 Prozent zugelegt und erreichte jetzt kurzzeitig ein Dreijahreshoch. Über die Gründe wird gerätselt.
1.
Wie hat sich der Kurs des Euro zum US-Dollar zuletzt entwickelt?
ANTWORT: Zum Ende der Woche wurde ein Dreijahreshoch erreicht. Der Euro lag zwischenzeitlich bei 1,255 US-Dollar – und damit so hoch wie seit Dezember 2014 nicht mehr. Im Handelsverlauf pendelte sich der Kurs bei 1,246 Dollar ein.
2.
Ist das im längerfristigen Vergleich ein hoher Kurs?
ANTWORT: Seit der Euroeinführung als Buchgeld 1999 bewegte sich der Kurs in einer großen Bandbreite zwischen 0,83 Dollar (November 2000) und 1,59 Dollar (Juli 2008). Der aktuelle Kurs ist also in der historischen Betrachtung nicht dramatisch hoch. Beachtlich ist aber das Tempo der Kursentwicklung seit Ende 2016. Damals wurde rund um Weihnachten fast eine Parität erreicht, ein Euro lag bei 1,04 US-Dollar. Seither ging es für den Euro um mehr als 20 Prozent nach oben.
3.
Warum steigt der Euro, was sind die Gründe für die DollarSchwäche?
ANTWORT: Beide Wirtschaftsräume verzeichnen nach wie vor ein robustes Wirtschaftswachstum. Viele Experten sehen daher die Europäische Zentralbank zunehmend unter Druck, die Spekulationen über eine Abkehr der extrem exzessiven Geldpolitik sorgten zuletzt für einen steigenden Euro. Gleichzeitig haben die Kosten für die US-Steuerreform jetzt wieder den Blick auf die enorme Schuldenentwicklung in den USA gelenkt – und so den Dollar geschwächt. So warnt etwa IWF-Chefin Christine Lagarde vor der US-Schuldenentwicklung. EZB-Rat und Nationalbank Gouverneur Ewald Nowotny warf den USA sogar Währungsmanipulation vor: Das US-Finanzministerium drücke den Dollar bewusst und wolle ihn niedrig halten.
4.
Warum sind Experten über die Kursentwicklung verwundert? ANTWORT: Verwunderlich ist die Kursentwicklung der letz-
ten Monate auch deshalb, weil die Geldpolitik in den USA und in der Eurozone eigentlich eine gegenteilige Entwicklung begünstigen müsste. Während die EZB bisher beharrlich an ihrer extrem expansiven Geldpolitik (Leitzinsen bei null, Anleihenkaufprogramm) festhält, hat die US-Notenbank Fed das Ende von der Billiggeld-Ära längst eingeläutet und u. a. die Zinsen angehoben. Das müsste den US-Dollar im Vergleich zum Euro eigentlich stärken, weil Anlagen in Dollar mehr Rendite abwerfen.
5.
Welche Nachteile gehen mit dem starken Euro einher?
ANTWORT: Für die europäische Exportwirtschaft ist ein starker Euro ein Nachteil im Wettbewerb, weil ihre Waren auf dem Weltmarkt dadurch teurer werden. Das Exportwachstum kann dadurch gedämpft werden. Umgekehrt werden in US-Dollar fakturierte Rohstoffe, hier vor allem Öl, im Einkauf günstiger. Das hat Vorteile (auch für Konsumenten), ist aber für die Geldpolitik der EZB auch ein Problem, weil das die Inflation dämpft und damit das Ziel einer Teuerung um rund zwei Prozent noch schwerer zu erreichen ist.
6.
Kann die EZB irgendwie gegensteuern?
ANTWORT: Das ist schwierig, die Leitzinsen sind ohnehin im Keller und das Anleihenkaufprogramm läuft auch noch. Der Druck auf die EZB, endlich Signale zur Eindämmung der Geldflut zu setzen, steigt. Damit droht aber auch, dass der Kurs des Euro zum Dollar noch weiter zulegt.
7.
Wie geht es mit dem Eurokurs weiter?
ANTWORT: Solche Prognosen sind immer schwer zu treffen. Viele Experten gehen aber davon aus, dass der Euro zum Dollar weiter zulegen dürfte. Der Chefökonom der UniCredit Bank Austria, Stefan Bruckbauer, prognostiziert beispielsweise, dass der Euro die Marke von 1,3 US-Dollar „im Laufe des Jahres 2018 deutlich überschreiten“wird.