Kurden schmieden mit Assad eine Notallianz
Nach der Afrin-Offensive suchen die Kurden einen Verbündeten gegen die Türkei.
Beide Seiten misstrauen einander und umlauern sich. Dennoch gelang es Syriens Kurden während der sieben Jahre Bürgerkrieg, mit dem Assad-Regime ein fragiles Auskommen zu wahren und Damaskus eine gewisse Autonomie abzutrotzen. Und so sitzt inmitten der Regionalhauptstadt Qamischli nach wie vor ein symbolischer Militärposten der fernen Machthaber, die einzige offizielle Präsenz der Regierungstruppen im syrischen Kurdistan. Dieser Tage nun rüstet Assads Militär auf für ein Comeback, diesmal auf ausdrückliche Bitte der Kurden. Regimetreue Milizverbände kündigten an, ihr Einmarsch in die Enklave Afrin stünde bevor.
Seit die türkische Armee am 20. Jänner die Region unter ihre Kontrolle zu bringen versucht, fürchten die Kurden um ihre mühsam errungenen Freiheiten. Die Machthaber in Damaskus fürchten wiederum eine Annexion des Gebietes durch Ankara. „Unsere Truppen werden sich an dem Widerstand gegen die türkische Aggression beteiligen, um die territoriale Einheit und Integrität Syriens zu verteidigen“, hieß es in einer Erklärung des Regimes. Ähnlich äußerte sich der Chef der YPG-Milizen, Sipan Hamo. Man habe kein Problem mit einer Intervention, um den türkischen Angriff zurückzuschlagen. Und so finden sich beide Lager plötzlich auf der gleichen Seite einer neuen Front wieder – der mittlerweile fünften auf syrischem Territorium. Türkei gegen Kurden, Israel gegen Iran, USA gegen Russland sowie AssadRegime gegen Aufständische hießen bisher die Schlachtfelder, die mehr als 350.000 Menschen das Leben kosteten. Obendrein droht nun auch eine direkte Konfrontation zwischen Syrien und der Türkei. Das Regime aber wird dafür von den Kurden einen hohen Preis fordern, da ist sich Bassam Abou Abdallah, Direktor des Zentrums für Strategische Studien in Damaskus, sicher. Die Kurden müssten Verantwortung übernehmen für ihr bisheriges Handeln. Der syrische Staat sei kein Diener, „den man immer dann rufen kann, wenn man ihn braucht“. Schließlich stehen die gleichen YPG-Verbände, denen das Assad-Regime nun beispringen will, in Ostsyrien der Armee als Feinde gegenüber – einzig getrennt durch den Euphrat. Anfang Februar starben nahe Deir al-Sor 200 syrische Soldaten und russische Söldner durch US-Luftangriffe, nachdem diese die von Washington geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) der Kurden unter Feuer genommen hatten.
Anders in Afrin, hier hielten sich die USA heraus und gaben der YPG keine Rückendeckung, aus Angst, mit NatoPartner Türkei aneinanderzugeraten. Auch Moskau blieb untätig, obwohl es seit Jahren gute Beziehungen zur YPG pflegt. Die türkische Führung schlug daher harte Töne an. Wenn es Assad darum gehe, die YPG aus Afrin herauszuwerfen, habe man kein Problem, sagte Außenminister Mevlüt Çavu¸sog˘lu. „Wenn sie aber vorrücken, um die YPG zu schützen, kann niemand uns und die türkischen Soldaten stoppen.“