Kerngesundes Rechtsempfinden
Es kommen unerhörte Töne aus dem Innenministerium. Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) möchte das Strafrecht auf Basis des „natürlichen Rechtsempfindens“reformieren und als Maßstab dafür Facebook heranziehen.
Es handelt sich hier nicht um eine Satire. Vor allem bei Sexualdelikten herrsche ein Missverhältnis zwischen (zu geringen) Strafen und dem untrüglichen Gerechtigkeitssinn des Volkes, das in den sozialen Netzwerken hängt. Auf die Frage, ob für Strafrechtsreformen nicht das Justizministerium zuständig sei, hat Innenminister Kickl (FPÖ) das Vorpreschen seiner Staatssekretärin als „Assistenzeinsatz“bezeichnet. Im Justizministerium scheint man sich über derlei Hilfestellungen nicht sehr zu freuen. Ist dort doch schon Kickls Entwurf zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch Sicherheitsbehörden nicht auf Gegenliebe gestoßen. Es ist verständlich, dass der FPÖ, die dem Innenund dem Verteidigungsministerium vorsteht, zu ihrem Glück und ihrer vollen Machtentfaltung noch das Justizministerium fehlt. Es muss zusammenwachsen, was zusammengehört. Gewaltentrennung ist ein überholtes Konzept.
Es lebe die interdisziplinäre politische Kunst! Diese ressortübergreifende Aktion könnte beispielgebend für andere Ministerien sein. Warum nicht den Kollegen Vorschläge unterbreiten, die so brillant sind, dass diese sie aufgreifen müssen? Der Finanzminister spricht schon traditionell ein Machtwörtchen mit, wenn es um die Budgets der anderen Ressorts geht. Ein Kulturpolitiker könnte in die Außenpolitik eingreifen, schließlich ist die Kultur ja das Aushängeschild unseres Landes. Es darf kein Fleckchen Erde geben, wo der Kulturminister nicht eine Mozartkugel fallen lässt.
R ationale Erklärungen für politische Strategien sind in Zukunft fehl am Platz, es regiert das soziale Netzwerk mit seinem kerngesunden Volksempfinden. Nein, das ist nicht Populismus, das ist Populärpolitik. Wer das Herz am rechten Fleck hat, den wird sein Bauchgefühl zur Richtstatt leiten.
Wenn die Strafen endlich abschreckend genug sind, wird das Verbrechen aussterben. Wie in den USA.
Es lebe die interdisziplinäre politische Kunst! Ressortübergreifende Aktionen könnten beispielgebend werden.