Streit um Superbeamte
Türkis-Blau hat in den Ministerien Generalsekretäre installiert. Die Vertrauensleute besitzen ein Durchgriffsrecht auf den Beamtenapparat.
N icht nur im Umgang mit den Medien, wie zuletzt im Wiener Parkett geschildert, auch im Umgang mit der Verwaltung nimmt die Regierung die Zügel in die Hand. In nahezu allen Ministerien wurden jetzt Generalsekretäre installiert – ohne Ausschreibung. Dafür besitzen die Herren ein umfangreiches Durchgriffsrecht auf Sektionen, Abteilungen, Beamte.
I n den USA ist es gang und gäbe, dass nach einem Amtswechsel die Spitzen der Verwaltung ausgetauscht und durch Vertrauensleute ersetzt werden. Bis zu 4000 Leute wurden von Donald Trump neu ernannt. Nicht selten klagen auch hierzulande Minister über die Schwerfälligkeit des Apparats und den Unwillen der Beamtenschaft. Sind die Generalsekretäre ein Instrument, um die Schlagkraft und die Effizienz der Bürokratie zu steigern? Oder ist es der Startschuss zu einer Umfärbung der Ministerien? Oder steckt die „Orbanisierung“des Staates dahinter?
D er Impuls zur Installierung von Vertrauensleuten, die sich in der Materie auskennen und dem Minister zur Seite stehen, ging dem Vernehmen nach von der FPÖ aus, die sich bei der Übernahme von Ministerien einer Phalanx von Beamten
gegenübersah, die von roten oder schwarzen Vorgängern eingesetzt worden waren. „Es soll so verhindert werden“, enthüllt einer der Involvierten, „dass Beamte mit einem Minister, der nicht ihre Weltanschauung teilt, Schlitten fahren. Die ÖVP hat sowieso überall ihre Leute sitzen.“So ernannte Innenminister Herbert Kickl den Chef der Strategieabteilung der Wiener Polizei Peter Goldgruber, Verkehrsminister Norbert Hofer, den schlagenden Burschenschafter Andreas Reichhardt, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, den Burschenschafter Roland Weinert, Verteidigungsminister Mario Kunasek, den FPÖnahen Geheimdienstoffizier
Wolfgang Baumann zum Generalsekretär. Die ÖVP zog nach, im Landwirtschaftsminister übernahm Erwin Prölls ehemaliger Agrarlandesrat Josef Plank die Funktion, im Justizministerium Sektionschef Christian Pilnacek, im Bildungsministerium
Jakob Calice. Das Konzept ist keineswegs neu: Im Verkehrsministerium installierte Werner Faymann 2007 einen Generalsekretär, im Finanzministerium
Karl-Heinz Grasser 2005. Der berühmteste Generalsekretär aller Zeiten hieß Thomas Klestil (im Außenministerium).
F
ranz Fiedler, langjähriger Rechnungshofchef, kann der Idee überhaupt nichts abgewinnen. „Ich halte nichts davon, denn es ist ein Abgehen von unserem Berufsbeamtentum. Vor allem steht das Konzept im Widerspruch zur Regierungslinie: Die Koalition redet von Entbürokratisierung, installiert aber eine neue Ebene in der Verwaltung.“Das Argument, mit solchen Vertrauensleuten lasse es sich leichter regieren, lässt Fidler nicht gelten. „Das ist eher ein Armutszeugnis für die Politik, denn dadurch wird der Kontakt zwischen dem Minister und der Beamtenschaft komplett unterbunden.“