Kleine Zeitung Kaernten

Streit um Superbeamt­e

Türkis-Blau hat in den Ministerie­n Generalsek­retäre installier­t. Die Vertrauens­leute besitzen ein Durchgriff­srecht auf den Beamtenapp­arat.

- Von Michael Jungwirth

N icht nur im Umgang mit den Medien, wie zuletzt im Wiener Parkett geschilder­t, auch im Umgang mit der Verwaltung nimmt die Regierung die Zügel in die Hand. In nahezu allen Ministerie­n wurden jetzt Generalsek­retäre installier­t – ohne Ausschreib­ung. Dafür besitzen die Herren ein umfangreic­hes Durchgriff­srecht auf Sektionen, Abteilunge­n, Beamte.

I n den USA ist es gang und gäbe, dass nach einem Amtswechse­l die Spitzen der Verwaltung ausgetausc­ht und durch Vertrauens­leute ersetzt werden. Bis zu 4000 Leute wurden von Donald Trump neu ernannt. Nicht selten klagen auch hierzuland­e Minister über die Schwerfäll­igkeit des Apparats und den Unwillen der Beamtensch­aft. Sind die Generalsek­retäre ein Instrument, um die Schlagkraf­t und die Effizienz der Bürokratie zu steigern? Oder ist es der Startschus­s zu einer Umfärbung der Ministerie­n? Oder steckt die „Orbanisier­ung“des Staates dahinter?

D er Impuls zur Installier­ung von Vertrauens­leuten, die sich in der Materie auskennen und dem Minister zur Seite stehen, ging dem Vernehmen nach von der FPÖ aus, die sich bei der Übernahme von Ministerie­n einer Phalanx von Beamten

gegenübers­ah, die von roten oder schwarzen Vorgängern eingesetzt worden waren. „Es soll so verhindert werden“, enthüllt einer der Involviert­en, „dass Beamte mit einem Minister, der nicht ihre Weltanscha­uung teilt, Schlitten fahren. Die ÖVP hat sowieso überall ihre Leute sitzen.“So ernannte Innenminis­ter Herbert Kickl den Chef der Strategiea­bteilung der Wiener Polizei Peter Goldgruber, Verkehrsmi­nister Norbert Hofer, den schlagende­n Burschensc­hafter Andreas Reichhardt, Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache, den Burschensc­hafter Roland Weinert, Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek, den FPÖnahen Geheimdien­stoffizier

Wolfgang Baumann zum Generalsek­retär. Die ÖVP zog nach, im Landwirtsc­haftsminis­ter übernahm Erwin Prölls ehemaliger Agrarlande­srat Josef Plank die Funktion, im Justizmini­sterium Sektionsch­ef Christian Pilnacek, im Bildungsmi­nisterium

Jakob Calice. Das Konzept ist keineswegs neu: Im Verkehrsmi­nisterium installier­te Werner Faymann 2007 einen Generalsek­retär, im Finanzmini­sterium

Karl-Heinz Grasser 2005. Der berühmtest­e Generalsek­retär aller Zeiten hieß Thomas Klestil (im Außenminis­terium).

F

ranz Fiedler, langjährig­er Rechnungsh­ofchef, kann der Idee überhaupt nichts abgewinnen. „Ich halte nichts davon, denn es ist ein Abgehen von unserem Berufsbeam­tentum. Vor allem steht das Konzept im Widerspruc­h zur Regierungs­linie: Die Koalition redet von Entbürokra­tisierung, installier­t aber eine neue Ebene in der Verwaltung.“Das Argument, mit solchen Vertrauens­leuten lasse es sich leichter regieren, lässt Fidler nicht gelten. „Das ist eher ein Armutszeug­nis für die Politik, denn dadurch wird der Kontakt zwischen dem Minister und der Beamtensch­aft komplett unterbunde­n.“

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 ??  ?? Peter Goldgruber von der Wiener Polizei
Peter Goldgruber von der Wiener Polizei
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Burschensc­hafter Reichhardt
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Justiz-Sektionsch­ef Christian Pilnacek
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Erwin Prölls Ex-Agrarlande­srat Plank

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