Kurz auf heikler Mission bei Putin
Die erste Reise außerhalb der EU führt Bundeskanzler Sebastian Kurz heute zu Russlands Präsident Wladimir Putin.
Drei Stunden nimmt sich der russische Präsident Zeit für seinen Gast. Und das, obwohl Wladimir Putin sich am 18. März der Wiederwahl stellt. Kurz nennt als Anlass für seinen Besuch ausdrücklich die baldige Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Österreich. Die Reise, betont das Kanzleramt, sei mit Brüssel abgestimmt. Russland sei ein „wichtiger Gesprächspartner und Nachbar“, heißt es aus dem Bundeskanzleramt vor der Abreise der Delegation am Dienstagabend betont freundlich.
Kurz nimmt im Konflikt mit Russland eine vermittelnde Position ein: einerseits verteidigt er die Sanktionen gegen das Land und betont die Wichtigkeit der Einhaltung der Vereinbarungen, denen Russland im sogenannten Minsker Abkommen zur Befriedung der Lage in der Ukraine zugestimmt hat. Zugleich aber betont er die Notwen- digkeit, das Blockdenken zu überwinden und zu einer Trendumkehr in den Beziehungen zu Moskau zu kommen.
Vor zwei Jahren, ebenfalls im Februar, war Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner mit einer großen Wirtschaftsdelegation und einer ähnlichen Botschaft nach Moskau gereist. Mitterlehner warb für intensive Wirtschaftsbeziehungen im Gegenzug zu russischen Zugeständnissen in der Ukraine.
Im Dezember 2016 war eine Delegation der FPÖ in Moskau und schloss mit der Putin-Partei „Einiges Russland“ein Freundschaftsabkommen ab. Zuvor schon hatte die FPÖ zum sogenannten Referendum auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim Beobachter geschickt. Sie bestätigten, was die Besatzer hören wollten: Alles sei lupenrein abgelaufen mit der Abstimmung, die wie geplant eine Mehrheit für den Anschluss der eigentlich zur Ukraine gehörigen Halbinsel an Russland ergeben hatte. Auch in späteren Jahren waren wiederholt Vertreter der FPÖ auf Einladung der neuen Machthaber auf die Krim gereist. Der Besuch des Bundeskanzlers ist also wohl auch ein Versuch, die Eckpfeiler der Russlandpolitik Österreichs selbst zu definieren.
Im April ist ein Besuch von Außenministerin Karin Kneissl in Russland geplant. Präsident Putin, der bis dahin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Präsident wiedergewählt sein wird, soll am 1. Juni Österreich einen Gegenbesuch abstatten. Der Anlass ist nicht die Übernahme des EU-Vorsitzes durch Österreich einen Monat darauf, sondern der 50. Jahrestag des Abschlusses eines Erdgaslieferungsvertrags zwischen Österreich und der UdSSR.