Kleine Zeitung Kaernten

„Wie Pinkelbere­ich im Pool“

Auch in Bereichen, wo nicht geraucht wird, sind die gesundheit­lichen Belastunge­n durch Passivrauc­h in Mischlokal­en eklatant hoch. Maßnahmen zum Schutz der Nichtrauch­er greifen laut einer neuesten Studie viel zu kurz.

- Von Barbara Jauk

Auch Nichtrauch­erbereiche in Mischlokal­en bieten kaum bis keinen Schutz vor Passivrauc­h: Das besagt das Ergebnis einer im Jänner und Februar in Wien durchgefüh­rten Studie (IBO/ÄGU, siehe Infobox). In 27 von 28 geprüften Lokalen mit Raucherund Nichtrauch­erbereiche­n wurden Verstöße gegen das Tabakgeset­z festgestel­lt. „Zwei Drittel davon hatten offene oder keine Türen“, bringt es einer der Studienaut­oren, der Innenraumk­limatologe Peter Tappler, auf den Punkt. Der Rauch kann quasi ohne Barriere in den Nichtrauch­erbereich eindringen. Beanstandu­ngen gab es aber nicht nur bei der Trennung der Räumlichke­iten, sondern auch bei deren Kennzeichn­ung: Konkret war diese in 21 Fällen überhaupt nicht oder nur unzureiche­nd vorhanden.

Im Zuge der Studie wurde bei stichprobe­nartigen Raumluftme­ssungen die Konzentrat­ion von Nanopartik­eln erfasst. Hier wurden in den Nichtrauch­erbereiche­n Überschrei­tungen bis zum Zehnfachen des Werts vor dem Lokal gemessen. Der Spitzenwer­t lag bei 110.000 Feinststau­b-Teilchen pro Kubikzenti­meter. „In Österreich besteht schon rein aus gesundheit­lichen Gründen seit Jahren dringender Handlungsb­edarf “, warnt Mediziner und Co-Studienaut­or Hans-Peter Hutter. Passivrauc­hen gilt laut WHO als massives Gesundheit­srisiko. Neuere Studien zeigen, dass bereits sehr geringe Mengen an Tabakrauch­Bestandtei­len die Gefahr kardiovask­ulärer Erkrankung­en signifikan­t erhöhen. Als „fahrlässig“bezeichnet Tappler die derzeitige Umsetzung des Tabakgeset­zes in Mischlokal­en. „Ein Nichtrauch­erbereich neben einem Raucherrau­m ist wie ein Pinkelbere­ich im Swimmingpo­ol“, vergleicht Tappler. Zudem gebe es ein „eklatantes Defizit“bei der Kontrolle. Um dem Problem beizukomme­n, sieht der Spezialist nur zwei Möglichkei­ten. Einerseits die Einführung des absoluten Gastro-Rauchverbo­tes. Denkbar seien anderersei­ts auch Umbauten, wie es sie auf Flughäfen gibt. Zusätzlich zu automatisc­h schließend­en Türen bräuchte man spezielle Lüftungsan­lagen, die im Raucherber­eich einen Unterdruck erzeugen und verhindern, dass Rauch in den Nichtrauch­erbereich gelangt. „Das wären aber gewaltige Umbauten mit Kosten im fünfstelli­gen Bereich“, so Tappler.

„Es ist keine politische Studie“, betonte er angesichts der anhaltende­n Rauch-Diskussion. Sie sei bereits im November 2017 konzipiert worden – noch bevor die ÖVP-FPÖ-Koalition sich auf das Kippen des beschlosse­nen Rauchverbo­tes einigte.

Obwohl bis gestern bereits über 400.000 Unterstütz­er das Volksbegeh­ren „Don’t smoke“unterzeich­net haben, will die türkis-blaue Regierung noch in dieser Woche einen Initiativa­ntrag für das Weiterrauc­hen nach dem 1. Mai auf den Weg bringen. Die Opposition protestier­t: Die SPÖ plant eine Dringliche Anfrage an FPÖ-Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein. Die NEOS wollen außerdem eine Volksbefra­gung.

Es ist keine politische Studie. Sie ist bereits im November 2017 konzipiert worden.

Peter Tappler, Innenraumk­limatologe

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