„Wie Pinkelbereich im Pool“
Auch in Bereichen, wo nicht geraucht wird, sind die gesundheitlichen Belastungen durch Passivrauch in Mischlokalen eklatant hoch. Maßnahmen zum Schutz der Nichtraucher greifen laut einer neuesten Studie viel zu kurz.
Auch Nichtraucherbereiche in Mischlokalen bieten kaum bis keinen Schutz vor Passivrauch: Das besagt das Ergebnis einer im Jänner und Februar in Wien durchgeführten Studie (IBO/ÄGU, siehe Infobox). In 27 von 28 geprüften Lokalen mit Raucherund Nichtraucherbereichen wurden Verstöße gegen das Tabakgesetz festgestellt. „Zwei Drittel davon hatten offene oder keine Türen“, bringt es einer der Studienautoren, der Innenraumklimatologe Peter Tappler, auf den Punkt. Der Rauch kann quasi ohne Barriere in den Nichtraucherbereich eindringen. Beanstandungen gab es aber nicht nur bei der Trennung der Räumlichkeiten, sondern auch bei deren Kennzeichnung: Konkret war diese in 21 Fällen überhaupt nicht oder nur unzureichend vorhanden.
Im Zuge der Studie wurde bei stichprobenartigen Raumluftmessungen die Konzentration von Nanopartikeln erfasst. Hier wurden in den Nichtraucherbereichen Überschreitungen bis zum Zehnfachen des Werts vor dem Lokal gemessen. Der Spitzenwert lag bei 110.000 Feinststaub-Teilchen pro Kubikzentimeter. „In Österreich besteht schon rein aus gesundheitlichen Gründen seit Jahren dringender Handlungsbedarf “, warnt Mediziner und Co-Studienautor Hans-Peter Hutter. Passivrauchen gilt laut WHO als massives Gesundheitsrisiko. Neuere Studien zeigen, dass bereits sehr geringe Mengen an TabakrauchBestandteilen die Gefahr kardiovaskulärer Erkrankungen signifikant erhöhen. Als „fahrlässig“bezeichnet Tappler die derzeitige Umsetzung des Tabakgesetzes in Mischlokalen. „Ein Nichtraucherbereich neben einem Raucherraum ist wie ein Pinkelbereich im Swimmingpool“, vergleicht Tappler. Zudem gebe es ein „eklatantes Defizit“bei der Kontrolle. Um dem Problem beizukommen, sieht der Spezialist nur zwei Möglichkeiten. Einerseits die Einführung des absoluten Gastro-Rauchverbotes. Denkbar seien andererseits auch Umbauten, wie es sie auf Flughäfen gibt. Zusätzlich zu automatisch schließenden Türen bräuchte man spezielle Lüftungsanlagen, die im Raucherbereich einen Unterdruck erzeugen und verhindern, dass Rauch in den Nichtraucherbereich gelangt. „Das wären aber gewaltige Umbauten mit Kosten im fünfstelligen Bereich“, so Tappler.
„Es ist keine politische Studie“, betonte er angesichts der anhaltenden Rauch-Diskussion. Sie sei bereits im November 2017 konzipiert worden – noch bevor die ÖVP-FPÖ-Koalition sich auf das Kippen des beschlossenen Rauchverbotes einigte.
Obwohl bis gestern bereits über 400.000 Unterstützer das Volksbegehren „Don’t smoke“unterzeichnet haben, will die türkis-blaue Regierung noch in dieser Woche einen Initiativantrag für das Weiterrauchen nach dem 1. Mai auf den Weg bringen. Die Opposition protestiert: Die SPÖ plant eine Dringliche Anfrage an FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein. Die NEOS wollen außerdem eine Volksbefragung.
Es ist keine politische Studie. Sie ist bereits im November 2017 konzipiert worden.
Peter Tappler, Innenraumklimatologe