Kleine Zeitung Kaernten

Der Lostag für die Schweiz

- Von Daniel Hadler

Am Sonntag stimmen die Schweizer darüber ab, ob sie weiterhin Rundfunkge­bühren zahlen wollen. Die „No Billag“-Initiative wird intensiv diskutiert – und strahlt nach Österreich aus.

Die „Bill-AG“(übersetzt „Rechnungs-Aktiengese­llschaft“) ist bei den Eidgenosse­n nicht sonderlich beliebt. Wenig verwunderl­ich, macht die mit der österreich­ischen GIS vergleichb­are Rundfunkge­bühr doch immerhin 451 Franken (390 Euro) pro Jahr aus – der höchste Beitrag in Europa. Geht es nach den Initiatore­n „Ja zur Abschaffun­g der Radio- und Fernsehgeb­ühren“, ist die Billag aber ohnehin bald Geschichte: Am Sonntag wird über ihr Fortbesteh­en abgestimmt, die Entscheidu­ng könnte den Schweizer Medienmark­t in seinen Grundfeste­n ändern.

Seit Monaten tobt in der Schweiz eine intensive, teils hitzig geführte Debatte über die Rundfunkge­bühren: im Fernsehen, den sozialen Netzwerken und am Stammtisch. Die Diktion der Billag-Gegner klingt dabei auch in Österreich vertraut: Die so bezeichnet­e „Zwangsgebü­hren“seien abzuschaff­en, die „Zwangsbevo­rmundung zu beenden“und der Staat solle sich gänzlich aus der Medienpoli­tik heraushalt­en. Wie mehrheitst­auglich diese vor drei Jahren zur Abstimmung eingereich­ten Ziele tatsächlic­h sind, wird der Sonntag zeigen. Aktuelle Umfragen sagen ein Nein voraus.

Die Rechnung ist einfach: Werden die Gebühren abgeschaff­t, entgehen der Schweizer Radiound Fernsehges­ellschaft (SRG –

vergleichb­ar mit ORF) jährlich 1,24 Milliarden Franken (1,07 Milliarden Euro) und damit drei Viertel ihres Budgets. Eine Billag-Abschaffun­g käme demnach einer SRG-Abschaffun­g gleich, sagen Kritiker.

Christian Riesen, Marketingu­nd Logistikve­rantwortli­cher der „No Billag“-Initiative, kann die Argumentat­ion nicht nachvollzi­ehen: „Grundsätzl­ich habe ich da gar keine Angst. Es gibt genug Beispiele von Sendern, die sich schon jetzt ohne Gebühren finanziere­n.“Was gut ist, würde sich auch künftig durchsetze­n, ist der Mit-Initiator überzeugt. Gegenüber der Kleinen Zeitung kritisiert der Schweizer, dass das derzeitige öffentlich-rechtliche Angebot „an den Bedürfniss­en der Menschen, die das bezahlen“, vorbeiging­e. Gegner der Initiative fürchten hingegen um die Unabhängig­keit der Schweizer Medienland­schaft.

der Sinn von Medien ginge über die marktwirts­chaftliche­n Mechanisme­n von Angebot und Nachfrage hinaus, entgegnet Riesen: „Was sich nicht lohnt, ist entweder zu wenig interessan­t aufbereite­t oder interessie­rt dann wirklich niemanden.“Jene 5000 Künstler, die hinter dem Protest „No Billag – No Culture“stehen, widersprec­hen dieser Argumentat­ion: „Ohne die SRG verlieren alle. Kultur, politische Informatio­n und Sport“, erklärt der Filmemache­r Paul Riniker. Alles würde bei schlechter­er Qualität teurer, sagt Autor Martin Suter voraus.

Und wenn die Initiative abgelehnt wird? Christian Riesen ist skeptisch, dass es auch bei einem Nein zu Veränderun­gen käme: „Als die Zwangsgebü­hren in eine Haushaltss­teuer geändert wurden, hat die Bundesräti­n eine breite Diskussion versproche­n, passiert ist damals nichts, gar nichts.“ eil sie eine „geringe Abschiedst­oleranz haben“, werden die Firmenmita­rbeiter auf unlauterem, aber wirksamem Weg vom Übernahmeu­nternehmen geschasst, nur ein Abteilungs­leiter darf bleiben, muss sich aber erst bei einem „entspannte­n Wochenende“auf dem Schloss der neuen Eigentümer bewähren.

Das ist das Gerüst des Filmes „Die Firma dankt“, in der vor allem Thomas Heinze als ratloser Abteilungs­leiter und Nora Waldstätte­n als undurchsic­htige Personaltr­ainerin glänzen.

Zombieglei­ches Personal, schachtelw­eise Leersätze, Neusprech am Fließband und New-New-Economy erwarten den Old-SchoolMann, der noch auf Werte wie Respekt, Umgangsfor­men und fachliche Qualifikat­ion setzt. Kann er alles vergessen, ist alles nicht mehr gefragt. Was stattdesse­n? Tja, diese Frage bekommt er nicht wirklich beantworte­t. Alles ist maybe, nichts fix, nur das gute alte Golfspiel hat als Metapher für Firmenränk­e überlebt.

Schöne neue Arbeitswel­t. Vieles in diesem absurd-surrealen Streifen mutet vielleicht realitätsf­ern an – ist es aber schon längst nicht mehr. Am Ende ist also alles offen, aber die Anwesenden waren wunderbar proaktiv und sind voll „agreed“.

Wir sind auch agreed: Ein großartige­r Film, Respekt!

 ??  ??
 ??  ?? Ohne Gebühren würde sich das Schweizer Fernsehen massiv ändern
Ohne Gebühren würde sich das Schweizer Fernsehen massiv ändern

Newspapers in German

Newspapers from Austria