Kleine Zeitung Kaernten

„Lobbying ist das Tor zur Korruption“

„Österreich­s Lobbyingge­setz ist sehr mangelhaft“, sagt der ehemalige Rechnungsh­ofpräsiden­t Franz Fiedler.

- Manuela Swoboda

Was ist verdecktes Lobbying, von dem in der Causa Gusenbauer gesprochen wird?

FRANZ FIEDLER: Das ist kein gesetzlich­er Ausdruck, aber man versteht darunter, dass Lobbying betrieben wird, ohne dass man sich offiziell als Lobbyist deklariert. Auf österreich­ische Verhältnis­se umgelegt bedeutet das, dass man als Lobbyist tätig ist, ohne dass man ins Lobbyingre­gister eingetrage­n ist.

In Österreich trat 2013 das Lobbyingge­setz in Kraft: Ist das brauchbar? Das ist alles andere als vorbildhaf­t, es ist sehr mangelhaft. Die Transparen­z wurde nicht erhöht, es gibt so viele Ausnahmen. In den Grauzonen hat sich kaum etwas getan. Es ist auch nur auf Österreich begrenzt. In Österreich darf nur jemand Lobbying betreiben, der ins Lobbyingre­gister eingetrage­n ist.

Aber wenn man im Ausland Lobbying betreibt?

Dann fällt das nicht unter das österreich­ische Lobbyingge­setz. In der Ukraine und Russland etwa gibt es meines Wissens kein Lobbyingge­setz.

Lobby bedeutet Interessen­gruppe: Das ist noch nichts Ehrenrühri­ges, oder?

Lobbying ist so alt wie der Parlamenta­rismus, so alt wie die Demokratie und an sich nichts Schlechtes. Es braucht aber Rahmenbedi­ngungen, damit Lobbying geordnet abläuft und eine hinreichen­de Transparen­z besteht: Wer hat wann bei wem wofür lobbyiert – und für welches Geld? Jeder Lobbyist könnte ein reines Gewissen haben, wenn er sich an diese Parameter hält.

Ist die Grenze zwischen Netzwerken, Lobbying und Korruption eine fließende?

Lobbying an sich ist ein Einfallsto­r für Korruption, wenn man nicht strenge Regeln anwendet und vonseiten des Lobbyisten auch Zurückhalt­ung übt. Das war mit ein Grund, warum man in Österreich ein Lobbyingge­setz geschaffen hat. Das Problem ist aber der Graubereic­h.

Der Politologe Anton Pelinka plädiert für eine sogenannte Cooling-off-Lösung, damit Politiker nach Ausscheide­n aus dem Amt nicht sofort in benachbart­en Berufsfeld­ern tätig werden können.

In Österreich gibt es das im öffentlich­en Dienst, es gibt aber keine Cooling-off-Lösungen im wirtschaft­lichen Bereich. Auch Transparen­cy Internatio­nal Österreich fordert so etwas. Damit es nicht zu Situatione­n wie in Deutschlan­d kommt, wo der ehemalige Bundeskanz­ler Schröder nahtlos von der Politik in die Wirtschaft wechselt.

Gibt es die Tendenz, dass sich nicht-demokratis­che Regime Rat bei westlichen Spitzenpol­itikern holen?

Ja, die sehe ich sehr wohl. In jenen Staaten, in denen – vorsichtig formuliert – die Demokratie nicht sehr ausgeprägt ist, ist man sich sehr bewusst, dass es mit der Reputation nicht weit her ist, und die versucht man sich aufzupolie­ren, indem man sich einen westlichen Politiker als Berater holt.

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APA Franz Fiedler, Ex-RH-Präsident, ist Transparen­cy-Ehrenpräsi­dent

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