Was der ORF braucht
Die aktuelle Debatte über den ORF scheint von hochgeschaukeltem Ärger und persönlicher Enttäuschung mehr geprägt zu sein als von den tatsächlichen Herausforderungen.
Grund genug, ein paar Dinge auseinanderzuhalten – und vor dem Hintergrund einer achtjährigen Erfahrung als Stiftungsrat wirklich wichtige Themen auf den Punkt zu bringen: Unsere Medienwelt verändert sich dynamisch. Der ORF kann nicht bleiben wie er war, sondern muss sich für die Zukunft fit machen. Die ORF-Führung muss sich rasch und offensiv mit den wirklichen Zukunftsthemen beschäftigen: Medienverhalten der Jungen, digitaler Wandel, Glaubwürdigkeit in der Social-Media-Welt. Davon ist noch nicht viel zu spüren. Gerade im vergangenen Nationalratswahlkampf haben die Privatsender in Österreich gezeigt, dass auch sie sehr gute Politiksendungen produzieren können – und das, wie manche meinen, sogar objektiver als ORF-Formate. Public Value ist kein Monopol des ORF mehr. Er muss sich umso mehr um Glaubwürdigkeit und Vertrauen bemühen. Die Anker des ORF zur Bevölkerung sind seine Landesstudios. Sie genießen auch hohes Vertrauen hinsichtlich ihrer Berichterstattung – und das völlig zu Recht, wie das Landesstudio Steiermark zeigt.
Die ORF-Zentrale kann sich rund um Objektivität und Sachlichkeit vom Fernsehen des Landesstudios Steiermark durchaus einiges abschauen. Die Stärkung des Regionalen ist in jedem Fall entscheidend für die Zukunft eines möglichst breit legitimierten ORF. – Wie jedes andere Unternehmen mit einem Umsatz knapp an der Milliardengrenze braucht der ORF eine zeitgemäße Governance-Struktur. Sie ist Verantwortung der Politik. Dazu gehört übrigens auch, dass es in den Aufsichtsgremien nicht zur personellen Versteinerung kommt. Regelmäßiger Wechsel und Diversität verbessern die Aufsichtsqualität.
„Der ORF kann nicht bleiben, wie er war, sondern muss sich für die Zukunft fit machen und um Vertrauen bemühen.“
Fazit: Der ORF verdient sich in der aktuellen Debatte mehr Differenzierung. Und die Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler verdienen sich eine konsequente(re) Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen für eine ausgewogene, objektive und sachliche Berichterstattung.
Peter Koren ist Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung und war Mitglied des ORF-Stiftungsrats