Ihr Glaube trotzte dem Terror
Martin Mosebach auf der Spur der koptischen Christen.
Er ist auch so einer, der beweist, wie grenzüberschreitend Kriminalliteratur sein kann. Garry Disher, vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem „Deutschen Krimipreis“, ersetzt durch seine sozialkritischen Milieuschilderungen, durch politische Seitenhiebe, aber auch durch grandiose Landschaftsschilderungen so manchen Australien-Reiseführer.
Das heißt aber keineswegs, dass er nicht, dem Genre entsprechend, auf Spannung verzichtet. Nur die Methoden sind subtiler, zumal dann, wenn der Australier, wie in „Leiser Tod“, seinen Ermittler Hal Challis auf die Täterjagd durch die verlogene Wohlstandsgesellschaft schickt. Die Story rund um einen Vergewaltiger in Polizeiuniform ist düster, der Erzählstil aber besticht durch hohes sprachliches Niveau. Ein weiteres Meisterwerk eines Autors, der weiß, dass jedes Ding zwei Seiten hat, vor allem die Wahrheit.
Am 15. Februar 2015 wurden 21 Wanderarbeiter aus Ägypten – allesamt koptische Christen – von Schlächtern des IS an einem Strand in Libyen enthauptet. Zu Propagandazwecken wurden diese Gräuelszenen auf Video festgehalten – die Bilder gingen um die Welt.
Und dem deutschen Schriftsteller und Essayisten Martin Mosebach nicht mehr aus dem Sinn. Vor allem die Festigkeit des Glaubens dieser 21 Männer hat ihn fasziniert und dazu bewegt, im Heimatdorf der 21 auf Spurensuche zu gehen.
Von dieser Reise hat Mosebach einen faktisch profunden und mitfühlsamen Großessay mitgebracht. Die 21 Opfer wurden bereits zwei Wochen nach dem Massaker im liturgischen Verzeichnis der koptischen Märtyrer aufgenommen. Wie lebensbestimmend muss der Glaube sein, um dem Tod so unerschrocken ins Antlitz zu sehen? Mosebach taucht in eine fremde Lebenswelt ein und kommt zum Schluss: Die Unerschütterlichkeit dieser Opfer ist die Niederlage ihrer Mörder. Ein trostvoller Gedanke. Die 21. Rowohlt, 269 Seiten, 20,60 Euro.
Agalmatophilie. Ein Begriff, der vielen Mitmenschen noch exotisch erscheinen mag. Aber das wird sich ändern. Die Bezeichnung steht für die Liebe zu Statuen und Puppen, also die innige Hinwendung zu unbelebten Gegenständen. Tendenz: stark steigend. In einer Gesellschaft, die in rasch anwachsendem Maß mit Sprechmaschinen, mögen sie nun Siri oder Alexa heißen, muntere und stundenlange Gespräche führt, ist das allerdings nicht verwunderlich.
wird einem Außenseiter, sprachgestört und gehemmt, zur Lebensgefährtin. Lydia heißt sie, und sie steht im Zentrum der insgesamt zwölf neuen Erzählungen, in denen Ferdinand von Schirach, einstiger Strafverteidiger, nunmehriger Schriftsteller, erneut belegt, wie schmal der Grat zwischen vermeintlich Gutem und scheinbar Bösen sein kann. Und wie oft ein Täter namens Zufall dabei seine Hände fatal im Spiel hat, als Auslöser von Kettenreaktionen.
Schirach schreibt keine Gerichtsreportagen, er schildert, fernab jeglicher Klischees, das Schicksal von Menschen, in denen die Einsamkeit ihr Quartier