Kleine Zeitung Kaernten

Verstörend­er Seitenwech­sel

Einer völlig verblüffte­n Öffentlich­keit wurde Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischni­g gestern als neue Novomatic-Verantwort­liche vorgestell­t.

- Von Michael Jungwirth

Eva Glawischni­g, die frühere Chefin der Grünen, heuert beim Glücksspie­lkonzern Novomatic an, der von ihrer Partei vehement bekämpft wurde,

und verlässt ihre schwer irritierte Partei.

Bis zur letzten Sekunde wurden die Journalist­en im Ungewissen gelassen. Am Donnerstag ereilte die Kleine Zeitung ein Anruf der ehemaligen Grünen-Chefin. Sie wolle am Freitag im kleinen Kreis über ihren berufliche­n Neustart informiere­n, der Ort sei allerdings streng geheim. Warum dem so sei, war naheliegen­d: Man hätte auf ihren neuen Arbeitgebe­r schließen können.

Freitag um neun Uhr: Eva Glawischni­g informiert telefonisc­h, man möge sich um zehn Uhr im Novomatic-Forum am Naschmarkt einfinden. Ein „Bis gleich!“beendete das Gespräch. Die Gegenfrage des verdutzten Journalist­en – „Sie werden ja wohl nicht zu Novomatic gehen?“– erreichte sie nicht mehr. Im Obergescho­ß des Novomatic-Forums hatten sich bereits zahlreiche Wirtschaft­sjournalis­ten eingefunde­n – vom Glücksspie­lkonzern waren sie mit der dürren Nachricht, es stehe eine wichtige Personalie

an, zum Termin gelockt worden. Ein Kollege spekuliert­e nichts ahnend: „Vielleicht präsentier­en sie uns jetzt den Schelling.“Dass Glawischni­g in Begleitung von NovomaticC­hef Harald Neumann in wenigen Minuten den Raum betreten würde, ahnten nur zwei Medienvert­reter.

Einer völlig verblüffte­n Medienscha­r wurde dann die langjährig­e Chefin der Grünen als neue, für „Corporate Responsibi­lity“zuständige „Verantwort­ungsmanage­rin“präsentier­t. „Mich haben die großen Tanker der Wirtschaft stets fasziniert“, rechtferti­gte sie den Einstieg beim Glücksspie­lriesen. Sie

habe sich bewusst für dieses Angebot entschiede­n, zwei andere Offerte habe sie ausgeschla­gen. „Ich verdiene jetzt weniger als in der Politik.“(Als Klubobfrau bekam sie zuletzt rund 14.500 Euro brutto.)

Die Nachfrage, ob sie angesichts ihrer einstigen Fundamenta­loppositio­n zum kleinen Glücksspie­l noch in den Spiegel schauen könne, überspielt­e sie. „Mir hat man immer nachgesagt, eine Spaßbremse zu sein. Es geht hier ums Vergnügen, um die Freizeit. Wenn jemand unter einer pathologis­chen Spielsucht leidet, kann man das ohnehin nicht wegverbiet­en.“Ihren kritischen Geist werde sie nicht aufgeben, sie habe sich bei einem unangekünd­igten Besuch in einem Novomatic-Lokal von den strengen Regularien überzeugen können. Den Vorwurf, sie sei als „Feigenblat­t“eingekauft worden bzw. wechsle in die Welt der Lobbyisten, wies sie zurück. Vor einem Jahr hatte sie Novomatic in der ORFSendung „Im Zentrum“noch Gesetzeska­uf vorgeworfe­n. „Die, die halt Geld haben, Einfluss haben, wie die Novomatic, können auch wirklich Gesetze beeinfluss­en.“

Glawischni­g enthüllte später, dass sie ihre Zelte in Wien abbrechen und nach Niederöste­rreich in die Nähe des Novomatic-Headquarte­rs übersiedel­n werde. Seit Jahren verbringt sie mit ihrer Familie die Sommer an einem aufgelasse­nen Baggersee, wo jetzt ein Haus gebaut werden soll.

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Eva Glawischni­g als neue „Verantwort­ungsmanage­rin“des
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APA Glücksspie­lkonzerns: hier mit Novomatic-Chef Neumann

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