Verstörender Seitenwechsel
Einer völlig verblüfften Öffentlichkeit wurde Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig gestern als neue Novomatic-Verantwortliche vorgestellt.
Eva Glawischnig, die frühere Chefin der Grünen, heuert beim Glücksspielkonzern Novomatic an, der von ihrer Partei vehement bekämpft wurde,
und verlässt ihre schwer irritierte Partei.
Bis zur letzten Sekunde wurden die Journalisten im Ungewissen gelassen. Am Donnerstag ereilte die Kleine Zeitung ein Anruf der ehemaligen Grünen-Chefin. Sie wolle am Freitag im kleinen Kreis über ihren beruflichen Neustart informieren, der Ort sei allerdings streng geheim. Warum dem so sei, war naheliegend: Man hätte auf ihren neuen Arbeitgeber schließen können.
Freitag um neun Uhr: Eva Glawischnig informiert telefonisch, man möge sich um zehn Uhr im Novomatic-Forum am Naschmarkt einfinden. Ein „Bis gleich!“beendete das Gespräch. Die Gegenfrage des verdutzten Journalisten – „Sie werden ja wohl nicht zu Novomatic gehen?“– erreichte sie nicht mehr. Im Obergeschoß des Novomatic-Forums hatten sich bereits zahlreiche Wirtschaftsjournalisten eingefunden – vom Glücksspielkonzern waren sie mit der dürren Nachricht, es stehe eine wichtige Personalie
an, zum Termin gelockt worden. Ein Kollege spekulierte nichts ahnend: „Vielleicht präsentieren sie uns jetzt den Schelling.“Dass Glawischnig in Begleitung von NovomaticChef Harald Neumann in wenigen Minuten den Raum betreten würde, ahnten nur zwei Medienvertreter.
Einer völlig verblüfften Medienschar wurde dann die langjährige Chefin der Grünen als neue, für „Corporate Responsibility“zuständige „Verantwortungsmanagerin“präsentiert. „Mich haben die großen Tanker der Wirtschaft stets fasziniert“, rechtfertigte sie den Einstieg beim Glücksspielriesen. Sie
habe sich bewusst für dieses Angebot entschieden, zwei andere Offerte habe sie ausgeschlagen. „Ich verdiene jetzt weniger als in der Politik.“(Als Klubobfrau bekam sie zuletzt rund 14.500 Euro brutto.)
Die Nachfrage, ob sie angesichts ihrer einstigen Fundamentalopposition zum kleinen Glücksspiel noch in den Spiegel schauen könne, überspielte sie. „Mir hat man immer nachgesagt, eine Spaßbremse zu sein. Es geht hier ums Vergnügen, um die Freizeit. Wenn jemand unter einer pathologischen Spielsucht leidet, kann man das ohnehin nicht wegverbieten.“Ihren kritischen Geist werde sie nicht aufgeben, sie habe sich bei einem unangekündigten Besuch in einem Novomatic-Lokal von den strengen Regularien überzeugen können. Den Vorwurf, sie sei als „Feigenblatt“eingekauft worden bzw. wechsle in die Welt der Lobbyisten, wies sie zurück. Vor einem Jahr hatte sie Novomatic in der ORFSendung „Im Zentrum“noch Gesetzeskauf vorgeworfen. „Die, die halt Geld haben, Einfluss haben, wie die Novomatic, können auch wirklich Gesetze beeinflussen.“
Glawischnig enthüllte später, dass sie ihre Zelte in Wien abbrechen und nach Niederösterreich in die Nähe des Novomatic-Headquarters übersiedeln werde. Seit Jahren verbringt sie mit ihrer Familie die Sommer an einem aufgelassenen Baggersee, wo jetzt ein Haus gebaut werden soll.