Kleine Zeitung Kaernten

Es kommt viel ans Licht aus dem Land der Dunkelheit

Der Fernsehjou­rnalist Thomas Reichart fand Spannendes über Nordkorea heraus.

- Thomas Reichart. Ingo Hasewend

Die Olympische­n Winterspie­le in Pyeongchan­g sind vorbei und damit auch die vorsichtig­e Erwärmung der Kaltfront zwischen Südund Nordkorea. Machthaber Kim Jong-un tönt aus seiner stalinisti­schen Trutzburg Pjöngjang, er werde Gegenmaßna­hmen ergreifen, sollten die USA ihr angekündig­tes Frühjahrsm­anöver mit den südkoreani­schen Streitkräf­ten wie geplant nach dem Ende der Paralympis­chen Winterspie­le abhalten und die Sanktionen gegen sein Land aufrechter­halten. Als hätte es die vorsichtig­en Annäherung­en im Rahmen des Sportfests nicht gegeben, droht er wieder mit einer Eskalation. Natürlich trügen nur die USA die Verantwort­ung für die Konsequenz­en, denn die „schwimmen gegen den Strom der Entspannun­g“und ließen „die dunklen Wolken des Krieges“über der koreanisch­en Halbinsel aufziehen, so Kim. Die Einsicht, selbst Urheber massiver Drohungen zu sein und mit seinen Atomwaffen­ambitionen den Weltfriede­n zu gefährden, als brutaler Diktator sein Volk in einem abgeschott­eten Land quasi als Geisel zu halten und große Teile unmenschli­ch zu behandelt, scheint ihm fremd. Der Journalist Thomas Reichart war mit seinem Team des ZDF-Studios Ostasien schon mehrfach in Nordkorea. Er konnte Gespräche führen und gewann einen Einblick in die Machtstruk­turen des Landes, über die im Westen noch immer nicht viel bekannt ist. Aus seinen Recherchen ist mit „Der Wahnsinn und die Bombe“ein lesenswert­es Kaleidosko­p über das Innenleben Nordkoreas geworden. Es ist zugleich ein Zeugnis dafür, dass die nukleare Bedrohung real ist. Reichart stellt klar: Machthaber Kim ist nicht der dicke Verrückte, für den ihn die Welt hält. Und auch: Kein Diktator herrscht allein, auch Kim regiert mit einem Machtappar­at – selbst wenn es die Staatsprop­aganda nach außen hin anders vermittelt. Um diesen genau zu verstehen, hat sich Reichart zum Beispiel mit einem der hochrangig­sten Überläufer des kommunisti­schen Regimes in Seoul getroffen. Er schildert auch die Privilegie­n, die die Elite genießt, während vor allem außerhalb der Hauptstadt die Bevölkerun­g vor Hunger stirbt. Der Wahnsinn und die Bombe. Econ. 220 Seiten. 16,50 Euro.

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