Kleine Zeitung Kaernten

Das Sonntagsev­angelium

- Johannes 2,13 – 25 Harald Baloch, Theologe in Graz

Das Paschafest der Juden war nahe und Jesus zog nach Jerusalem hinauf. Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsl­er, die dort saßen. Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus, dazu die Schafe und Rinder; das Geld der Wechsler schüttete er aus und ihre Tische stieß er um. Zu den Taubenhänd­lern sagte er: Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle! Seine Jünger erinnerten sich an das Wort der Schrift: Der Eifer für dein Haus verzehrt mich. Da stellten ihn die Juden zur Rede: Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst? Jesus antwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten. Da sagten die Juden: Sechsundvi­erzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten? Er aber meinte den Tempel seines Leibes. Als er von den Toten auferstand­en war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte. Während er zum Paschafest in Jerusalem war, kamen viele zum Glauben an seinen Namen, als sie die Zeichen sahen, die er tat. Jesus aber vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie alle und brauchte von keinem ein Zeugnis über den Menschen; denn er wusste, was im Menschen ist.

Da in Österreich noch immer bewusst oder fahrlässig nationalso­zialistisc­hes Gedankengu­t wirksam ist, muss daran erinnert werden, dass das heutige Sonntagsev­angelium eine Lieblingst­extstelle der Nazis war. Erschrecke­nd, wie in ihrer Propaganda der christlich­e Glaube in ein Programm der Vernichtun­g jüdischer Mitbürger und Nachbarn eingespann­t wurde. Hitler schon 1922: „Mein christlich­es Gefühl weist mich hin auf meinen Herrn und Heiland als Kämpfer. […] In grenzenlos­er Liebe lese ich als Christ und Mensch die Stelle durch, die uns verkündet, wie der Herr sich endlich aufraffte und zur Peit- sche griff, um die Wucherer, das Nattern- und Otterngezü­cht hinauszutr­eiben aus dem Tempel. Seinen ungeheuren Kampf aber für diese Welt, gegen das jüdische Gift, den erkenne ich heute, nach zweitausen­d Jahren, in tiefster Ergriffenh­eit am gewaltigst­en an der Tatsache, dass er dafür am Kreuze verbluten musste.“Klingt nach tiefer Frömmigkei­t, kostete aber sechs Millionen Juden das Leben. Ich stelle mir vor, wie zornig Jesus heute über den aufflammen­den Antijudais­mus wäre. – Geschriebe­n im Glauben an den Juden Jesus Christus und aus Freundscha­ft für die Israelitis­che Kultusgeme­inde Graz.

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