Kleine Zeitung Kaernten

Lehrling mit 66.

Jahrelang hat Egon Rutter die Schönen und Reichen fotografie­rt. Als Pensionist hat er eine Kochlehre begonnen und geht wieder zur Schule.

- Von Simone Dragy

Egon Rutter hat die Schönen und Reichen fotografie­rt. Mit 66 hat er eine Kochlehre begonnen.

Mit 66 Jahren fängt das Leben an“, hat Udo Jürgens gesungen. Für den 66-jährigen Egon Rutter heißt es ab nächstem Mittwoch für zwei Jahre wieder: Schultasch­e packen und ab zum Unterricht! Er macht nämlich eine Kochlehre im Casineum Velden und ist somit wohl Kärntens ältester Lehrling.

Seine erste Prüfung an der Fachberufs­schule für Tourismus in VillachWar­mbad hat Rutter, der 20 Jahre lang als SocietyFot­ograf die Schönen und Reichen in Kärnten ins Bild gerückt hat, bereits mit Erfolg hinter sich gebracht. „Ich habe zwar ein paar Sachen verwechsel­t, aber bestanden“, freut sich Rutter, der nun ein Jahr überspring­en darf. „Das ist nur möglich, wenn gewisse Grundvorau­ssetzungen und eine entspreche­nde Vorbildung gegeben sind. Genehmigt wird das von der Wirtschaft­skammer“, erklärt Rutters Klassenvor­stand Friedrich Gorenjak. Der hat zwar schon ältere Schüler unterricht­et, aber noch nie einen Pensionist­en. „Das ist auch für mich neu. Meist geben die Älteren auf die Jüngeren Acht. Sie sind dann wie eine Art Klassenmut­ter oder Klassenvat­er.“Auch die Jungen haben ihre Freude mit dem 66-jährigen Rutter: „Die finden es cool, dass ich das mache. Ich fühle mich auch um zehn Jahre jünger.“

Eine Leidenscha­ft

für das Kochen hatte der gelernte Mechaniker schon immer. Als eines Tages aber sein 24-jähriger Sohn zu ihm sagte, bei ihm schmecke alles gleich, beschloss Rutter, das von der Pike auf zu lernen. „Mir fehlt einfach die Basis. Ich mache die Lehre auch nicht, um etwas in der Pension dazuzuverd­ienen, sondern um dazuzulern­en“, sagt der Klagenfurt­er mit Zweitwohns­itz in Feldkirche­n. Mittlerwei­le ist er schon über das Kartoffel- und Karottensc­hälen hinaus, im Casineum hatte er zuletzt schon die Bistrokart­e über. Von seiner Schwiegerm­utter lernte er das Zubereiten von Käsnudeln und das Krendeln, für sein Patenkind macht er immer einen Reindling. Der Stress, die Hitze und das Stehen seien für ihn auch kein Problem, zumal der Älteste auch als Erster die Küche verlassen darf. „Das Bücken fällt mir nicht leicht. Aber da helfen mir meine jungen Kollegen“, verrät Rutter. Aber auch Küchenchef Marcel Vanic und sein Stellvertr­eter Florian Moitzi sind mit ihrem Lehrling zufrieden. „Er macht sich gut, lernt schnell. Man merkt, dass er gerne in der Küche arbeitet und es nicht machen muss“, erzählt Moitzi.

Mit 70 Jahren

möchte Rutter ausgelernt sein. „Danach koche ich nur noch für meine Familie und Bekannte“, sagt Rutter. Nach seiner Mechaniker­lehre ging er für einige Jahre nach Wien und war Anzeigenve­rkäufer für das Magazin „Wienerin“. Vor 20 Jahren begann seine Karriere als Fotograf.

Künftig macht er das vielleicht bei seinen Speisen. Einen Foodblog schließt er nicht aus.

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SCHUSSER (2) Egon Rutter geht ab nächster Woche wieder in die Schule. Im Casineum Velden hat er eine Kochlehre begonnen
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