Was wurde aus dem Snowboard-Trend?
Vor einigen Jahren noch wuselte es auf den Pisten nur so vor Snowboardern. Heute sieht das anders aus. Laut Experten hat der Carving-Ski das Ende des Snowboard-Booms zu verantworten. Geblieben ist der harte Kern.
Mit Coolness allein hat Snowboarden nicht mehr viel zu tun. Wer heute auf dem Brett steht, tut das, weil er von dem Lebensgefühl überzeugt ist und sich mit dem Sport identifiziert“, meint der Kärntner Ex-SnowboardProfi Stefan Kaltschütz. Der zweifache Weltcupsieger im Riesentorlauf feierte seinen Karriere-Höhepunkt um die Jahrtausendwende, genau zu der Zeit, als das Snowboarden seinen Boom erlebte.
Jeder, der etwas auf sich hielt, probierte die coole Wintersport-Alternative aus. Eingefleischte Skifahrer blieben aber bei den zwei Brettern und ärgerten sich jahrelang über Boarder, die auf Pisten saßen oder aus Schleppliften flogen und den Betrieb aufhielten. Obwohl Snowboarden an sich schwieriger zu erlernen ist und man sein Brett öfter abschnallen und tragen muss, als einem lieb ist, hielt sich der Sport hartnäckig. Die Vorteile überwogen: Keine überkreuzten Ski oder lästigen Skistöcke mehr, bequeme Boots statt Skischuhe, müheloses Gleiten durch den Tiefschnee und ausgefallene Sprünge im Gelände. Kurz: Freiheit pur!
Bis der Carving-Ski auftauchte. „Auf jeden Trend folgt ein Gegentrend“, weiß Wintersportexperte Stefan Dornetshuber von Intersport Österreich. Der Carver verkörperte die ideale Kombi aus Ski und Snowboard. „Er ist leichter und vielseitiger einsetzbar, als es der klassische Ski war.“Plötzlich war Skifahren wieder „in“und der Großteil der Schneefans kehrte zu seinen Wurzeln zurück. Die Trendwende wirkt sich auch auf den Handel aus: „25.000 bis 30.000 Snowboards sind derzeit am Markt. Die Zahlen stagnieren seit einigen Jahren“, sagt Dornetshuber. Dem stehen 340.000 Ski aller Art gegenüber – inklusive Tourenski.
Die Umkehr haben auch Ski- und Snowboardschulen zu spüren bekommen. „Vor sechs, sieben Jahren waren mehrere Snowboardkurse pro Tag voll. Jeder wollte damals auf einem Brett stehen. Erwachsene, die den Sport ausprobieren wollen, gibt es kaum noch“, sagt Gerlinde Schnitzer-Zarre von der Skischule Zarre auf der Hochrindl. Ähnliches beobachtet man auch auf der Turracher Höhe. „Die Kinder stehen nach wie vor zuerst auf den Ski, dann erst
versuchen sie sich auf dem Snowboard“, weiß Skischulleiter Leonhard Pertl von der Skischule Pertl. Insbesondere Teenager wollen in den Kursen Tricks und Sprünge lernen, die sie mit ihren FreestyleBoards im Snowpark der Turrach umsetzen können. Und auch hier haben sie inzwischen ordentlich Konkurrenz von SkiFreestylern bekommen, die auf zwei Brettern in der Luft eine genau so gute Figur machen wie so mancher auf einem.
Dass die Zahl der Snowboarder geschrumpft ist, liegt mitunter daran, dass die „coolen Boarder“von vor 15 Jahren inzwischen selbst Kinder haben, meint Pertl: „Es ist leichter, Kindern Skifahren beizubringen, wenn man selbst auf Ski steht. Deshalb sind viele wieder umgestiegen.“Außerdem sei Schlepp- liftfahren mit Ski um einiges leichter und bequemer. „Und auf der Hochrindl haben wir recht viele“, grinst Schnitzer-Zarre. Inzwischen zeichne sich bei jungen Leuten schon der nächste Trend ab: Skitourengehen und Langlaufen.
Ganz verschwinden werden Snowboarder aber nie, da sind sich die Experten einig. Dafür sorgen nicht nur Vorbilder wie Olympiasiegerin Anna Gasser, sondern auch die Industrie, die rasch auf Trends reagiert. Wie zum Beispiel im Tourenbereich, weiß Manuel Lindmoser-Pintar von Blue Tomato: „Splitboards, eigene Bindungen und Boots erlauben den Snowboardern alle Freiheiten im alpinen Gelände und belohnen sie zusätzlich mit der gewohnten Abfahrt im Tiefschnee.“