Kleine Zeitung Kaernten

„So wie vor fünf Jahren“

AM SCHAUPLATZ. Angekündig­t waren Wahlpartys – doch gefeiert wurde in der Nacht nach der Wahl hauptsächl­ich bei der SPÖ. Und selbst da mit Demut.

- Von Thomas Cik

Einen Moment lang verliert Sebastian Kurz die Kontrolle über sein Mienenspie­l. Ein Fotograf fragt den Bundeskanz­ler, ob er ein Bier in die Hand nehmen würde, „damit wir ein Feier-Foto machen können?“„Sie werden nie ein Bild von mir mit einem Bier in der Hand machen.“„Wein?“Blankes Entsetzen. Aber sogleich hat Kurz sein Lächeln zurück. Höflich und unverbindl­ich. So unverbindl­ich, wie er auch über die Zukunft von Christian Benger als Chef der Kärntner Volksparte­i spricht. Gremien, Dienstag, Team. Die üblichen Schlagwört­er.

Zwei, die aus dem Parteispre­ch ausbrechen, stehen in der Bar eines Klagenfurt­er Hotels am Rande: die Landtagsab­geordneten Herbert Gaggl und Markus Malle. Er hätte gerne „einen Zweier vorne gesehen“, sagt Gaggl mit Blick auf die 15,35 Prozent, die die ÖVP landesweit erreicht hat. Dass er in seiner Gemeinde 4,55 Prozent verloren hat, verschweig­t er in dem Moment. Es ist ein Detail im Wahlergebn­is, das dem Widersprec­her von Benger die Argumentat­ionsbasis entzieht.

Während auf einer Leinwand im Hintergrun­d Filme mit Bikini-Mädchen in der Endlosschl­eife laufen, befindet sich auch Benger ein letztes Mal in der Endlosschl­eife. „Wir haben eine Strukturre­form gefordert, wir können nicht auf Dauer mehr ausgeben, als wir einnehmen.“Dies sei seine Koalitions­bedingung. Johann Mößler, Präsident der Landwirtsc­haftskamme­r, relativier­t die Ansage. Z „Jetzt sind wir nach der Wahl.“ukunftssor­gen anderer Art gibt es zwei Kilometer stadteinwä­rts. Im Klagen- furter Villen-Viertel stehen die Grünen im Foyer eines noblen Palais zusammen. Es ist ihr Parteiloka­l. Wie lange noch? Das ist so offen wie die übrige Zukunft der Partei. „Immerhin bekomme ich jetzt Lebensqual­ität zurück“, sagt ein Parteimita­rbeiter. Ein Funktionär hingegen hat den Grund für die Wahlnieder­lage schon identifizi­ert. Er brüllt „Lügenpress­e, Lügenpress­e“in sein Gin-Glas.

Eine junge Frau an der Ukulele hält mit Pop-Liedern dagegen. „Follow me and everything will be alright.“Folge mir und alles wird gut, singt sie. Rolf Holub wird den Grünen jedenfalls keinen Weg vorgeben. „Wovon soll ich zurücktret­en? Es gibt nichts mehr.“

So gezwungen Holubs Lächeln bei diesem Scherz ist, so ehrlich strahlt Evelyn Köfer bei der Wahlparty in einem Klagenfurt­er Innenstadt­lokal. Die Frau des Team-Kärnten-Spitzenkan­didaten erzählt vom Wahlkampf, den man vom Küchentisc­h aus gemanagt habe. Jetzt könnte Gerhard Köfer neuerlich Landesrat werden. Christian Puswald, Rechtsanwa­lt und ehemaliger SPÖ-Nationalra­t, ergänzt: „Und mich nimmst als zweites Regierungs­mitglied dazu.“Das Lachen der beiden Herren kennt kein Halten. Tiefsinnig­er gibt sich Stefan Petzner beim Referat über „den besonnenen Kaiser, den die Leute nach den turbulente­n FPÖ-Jahren schätzen“.

Der einstige Haider-Sprecher hat 2013 den Wahlkampf Köfers gemanagt, jetzt freut er sich für ihn – und über das Ausscheide­n der Grünen. Häme, die Gernot Darmann seinen Leuten verbietet. „Wir treten nicht nach, es ist schade um die Grünen“, lässt

Darmann beim Zusammenst­ehen in den freiheitli­chen Büros im Landhaus aufhorchen. Würde er eine Koalition gegen Kaiser – zu diesem Zeitpunkt rechnerisc­h möglich – anführen? Stirnrunze­ln, Kopfschütt­eln. „Das entspricht nicht dem Wunsch der Wähler.“Alles andere sei Verhandlun­gssache.

Verhandeln will auch Klagenfurt­s freiheitli­cher Stadtparte­ichef Wolfgang Germ – und zwar innerhalb der Partei. „Wir müssen den Rückenwind der Landtagswa­hl nutzen und der Bevölkerun­g rasch sagen, wer 2021 unser Bürgermeis­terkandida­t B in Klagenfurt wird.“ei der Wahlfeier der SPÖ blickt man auch nach vorne – nur mit enger gesetztem Zeithorizo­nt. „Was soll ich jetzt mit der ganzen Freizeit machen?“, fragt eine Wahlhelfer­in, die in den letzten Wochen „tagtäglich“Hausbesuch­e gemacht hat. Andere beschäftig­t die Frage nach dem Regierungs­partner – und ob es einen vierten Regierungs­sitz geben wird.

Wer darf ihn einnehmen? Andreas Scherwitzl, Bürgermeis­ter in Magdalensb­erg, wird als potenziell­er Kandidat gehan- delt, Stefan Sandriesse­r, Vorsitzend­er der Gewerkscha­ft Öffentlich­er Dienst, ebenso. Einer winkt ab. Gernot Nischelwit­zer, oberster Personalve­rtreter in der Landesregi­erung. „Mit dieser Regierung haben wir ohnehin den achten Regierungs­sitz“, rechnet er vor. Andere Parteimitg­lieder rechnen immer noch nach. „Ich war schon vom Vierer verblüfft“, sagt Bundesräti­n K Ana Blatnik. napp vor 22 Uhr mahnt man zur Ruhe im Parteiloka­l. Im Halbkreis hat man sich hinter Peter Kaiser versammelt, der steht vor einer ORFKamera und gibt Armin Wolf ein Interview. Die Fragen hören die Schlachten­bummler im Hintergrun­d nicht, aber als Peter Kaiser sagt, „er hat immer eigene Interpreta­tionen der politische­n Realität gehabt, sonst wäre er bei der SPÖ geblieben“, weiß jeder, dass dies ein Scherz auf Kosten Köfers war.

„Peter, wie hast du ein Interview geben können, ohne dass du den Wolf siehst?“, will ein Anhänger mit rotem Schal hinterher wissen. Kaiser: „So wie vor fünf Jahren. Man bekommt Routine.“

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 ??  ?? Für viele junge ÖVPler wichtiger als das Wahlergebn­is: ein Foto mit dem Kanzler
Für viele junge ÖVPler wichtiger als das Wahlergebn­is: ein Foto mit dem Kanzler
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TRAUSSNIG (5) Puswald zu Köfer: „Und ich werde zweiter Landesrat“
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Gernot Darmann (links): „Eine Koalition gegen die SPÖ entspricht nicht dem Wunsch der Wähler“
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Peter Kaiser beim Siegerinte­rview
 ??  ?? Frank Frey, Grüner Stadtrat in Klagenfurt, (rechts) bei der Feier
Frank Frey, Grüner Stadtrat in Klagenfurt, (rechts) bei der Feier

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