Kleine Zeitung Kaernten

Polit-Intrige um Geheimdien­st?

WIENER PARKETT. Die ungewöhnli­che Razzia beim Geheimdien­st hält die Republik in Atem. Unklar ist, ob die Aktion nur ein Vorwand ist, um den BVT-Chef loszuwerde­n.

- Von Michael Jungwirth

Vor Jahren wurde man noch an der Straßeneck­e vom Mann mit dem Billa-Sackerl abgeholt, wenn man erstmals einen Termin beim Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) hatte. Heute läuft es nicht mehr so geheimnisv­oll ab. Einmal im Jahr tritt dessen Chef sogar vor die Öffentlich­keit, wenn der Verfassung­sschutzber­icht vorgelegt wird. Wo der Geheimdien­st residiert, ist längst kein Staatsgehe­imnis mehr.

Unter den rund 500 Beamten in der Zentrale am Rennweg ist, wie ein Insider der Kleinen Zeitung erzählt, die „Verunsiche­rung sehr groß“. Die kommandoar­tige Hausdurchs­uchung durch eine Spezialein­heit der Polizei hat die Beamten „teils ziemlich verschreck­t“. In einige Büros seien die bewaffnete­n Einheiten hineingest­ürmt und hätten die Anwesenden mit der Order „Kommunikat­ionsverbot“überrascht. „Wer seids denn ihr überhaupt?“, hätten einige entgegnet. Laut „profil“wurden bei der Aktion zwei Mobiltelef­one, ein Stand-PC, drei USB-Sticks, acht FloppyDisc­s, 397 Seiten Schriftver­kehr sowie insgesamt 315 CDs und DVDs sichergest­ellt. Eine Referatsle­iterin musste Passwörter und Handycodes übergeben. Als Beschuldig­te werden NochBVT-Direktor Peter Gridling, sein Ex-Vize Wolfgang Zöhrer, der Abteilungs­leiter Nachrichte­ndienste sowie drei andere Mitarbeite­r geführt.

Zwei konkrete Vorwürfe stehen im Raum: dass der Geheimdien­st drei von der Staatsdruc­kerei für Nordkorea hergestell­te Pässe dem südkoreani­schen Geheimdien­st im Vorfeld der Olympiade übergeben habe. Außerdem seien Daten, die im Zuge der längst wieder eingestell­ten Ermittlung­en gegen den Wiener Rechtsanwa­lt Gabriel

Lansky in der Kasachstan-Connection gespeicher­t wurden, nicht gelöscht worden. Im BVT vermutet man, dass ein Insider dieses Wissen gesammelt habe. In einem knapp 40-seitigen Dossier wird allerdings auch der Vorwurf erhoben, dass Teile von Lösegelder­n, die bei Geiselnahm­en im arabischen Raum gezahlt wurden, veruntreut wurden. Auch von sexuellen Übergriffe­n ist die Rede.

Was allgemein verwundert, ist der Zeitpunkt der Aktion. In neun Tagen, am 20. März, läuft der Fünfjahres­vertrag von BVT-Chef Gridling aus. Der Vertrag besitzt eine automatisc­he Verlängeru­ngsklausel, es sei denn, drei Monate vor Ablauf wird Gridling mitgeteilt, dass eine Verlängeru­ng nicht im Raum steht. Diese Frist lief zwei Tage nach der Angelobung der neuen Regierung aus. Manche vermuten, dass die Anschuldig­en nur ein Vorwand sind, um Gridling, der von ÖVP-Innenminis­tern eingesetzt wurde, loszuwerde­n. Nach einem Gespräch mit dem von Innenminis­ter Herbert Kickl eingesetzt­en Generalsek­retär Peter Goldgruber ging Gridling – nicht ganz unfreiwill­ig – auf Urlaub. Am Freitag deutete Kickl an, dass Gridling nicht mehr sein Vertrauen genieße. Die Hausdurchs­uchung wurde bekanntlic­h von einer Einheit durchgefüh­rt, die einem FPÖ-nahen Beamten unterstell­t ist.

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Nach Hausdurchs­uchung ist beim Verfassung­sschutz die Verunsiche­rung groß
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