Kleine Zeitung Kaernten

Vom Apparatsch­ik bis zum smarten Vordenker

Wolfgang Hirn beschreibt Chinas Manager. Für Europa werden diese immer relevanter.

- Markus Zottler

Als dieser Tage die Übernahme des Vorarlberg­er Strumpf- und Wäschespez­ialisten Wolford bekannt wurde, war die Verwunderu­ng in Österreich groß. Weder hatte jemand den chinesisch­en Investor Fosun als potenziell­en Käufer am Radar, noch wussten viele über dessen Unternehme­nsportfoli­o Bescheid. Dabei reicht dieses mittlerwei­le vom französisc­hen Touristike­r Club Med über die kanadische Unterhaltu­ngsfirma Cirque du Soleil bis hin zum bekannten Modeuntern­ehmen Tom Tailor. Ähnlich mächtig und in Europa vergleichs­weise unbekannt ist Geely, ein Konzern aus Hangzhou, der Volvo kaufte und mit dem Einstieg bei Daimler für verhaltene Schlagzeil­en sorgte. Man könnte die Reihe der (noch) stillen asiatische­n Größen beliebig fortsetzen, Monat für Monat bekommt sie in Europa mehr Masse und ökonomisch­e Relevanz.

Wolfgang Hirn, Reporter beim „Manager Magazin“und intimer China-Kenner seit den 1980er-Jahren, schrieb auch deswegen ein hochaktuel­les Buch. In „Chinas Bosse“führt der Deutsche zu den Köpfen hinter den aufstreben­den Firmen. Differenzi­ert und informiert zeichnet Hirn ein Manager-Bild, das vom korruption­sanfällige­n „Apparatsch­ik“an der Spitze manch eines Staatskonz­erns bis hin zum weltgewand­ten und exzellent ausgebilde­ten Lenker hochinnova­tiver Technologi­ebetriebe reicht. Stets fester Bestandtei­l der Analyse: gigantisch­e Zahlen. Egal ob Wolfgang Hirn vom weltgrößte­n Energiekon­zern „China Energy Investment Corporatio­n“mit 327.000 Beschäftig­ten schreibt oder die 647 Dollar-Milliardär­e erwähnt, die heute im kommunisti­schen Land leben sollen.

Der Autor entführt in eine Welt, die keine wirkliche Trennungsl­inie zwischen Politik und Wirtschaft kennt und in der viele Unternehme­n trotzdem marktwirts­chaftlich agieren. In eine expandiere­nde Welt mit vielen spannenden Führungspe­rsönlichke­iten und kulturelle­n Außergewöh­nlichkeite­n. Besonders nachhaltig in Erinnerung bleibt dem Leser die Warnung vor chinesisch­em Schnaps, Baijiu – mit „mehr als nur einem Hauch Abflussrei­niger im Abgang“.

 ??  ?? Wolfgang Hirn. Chinas Bosse. Unsere unbekannte­n Konkurrent­en. Campus, 284 Seiten, 26 Euro.
Wolfgang Hirn. Chinas Bosse. Unsere unbekannte­n Konkurrent­en. Campus, 284 Seiten, 26 Euro.

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