Gerüche und Düfte zum Manipulieren
ZDF neo produzierte die sechsteilige Serie „Parfum“, die im Herbst laufen wird und neue Maßstäbe setzen soll.
ZDF neo, der Babybruder bzw. Spartenkanal des ZDF, wird aufgewertet: „Wir haben diesen Sender vor achteinhalb Jahren gegründet und gleich zu Beginn auf die US-Serie ‚30 Rock‘ von den Universal-Studios gesetzt. Mit dem Resultat, dass wir nullkommanull Prozent Marktanteil erreichten. Das ist uns lange, wenn auch in ironischen Kommentaren, nachgehangen. Inzwischen aber ist ZDFneo eine viel beachtete Marke geworden. ‚Parfum‘ soll nun einen Quantensprung bringen“, erklärt Programmdirektor Norbert Himmler. Und erläutert: „Unser Ziel war es, den Bestseller, den Patrick Süskind einst schrieb, ins Moderne zu übersetzen. Nun kann ich beruhigt sagen: Es ist uns gelungen.“
Vom Frankreich des 18. Jahrhunderts wurde die Geschichte eines Mörders nach 2018 an den Niederrhein verlegt. Produzent Oliver Berben schwärmt: „Patrick Süskinds Buch hatte im deutschen Sprachraum gleich nach der Bibel die höchsten Verkaufszahlen. Noch einmal dieselbe Geschichte erzählen – das wollten wir nicht. Wir stellten uns also die Frage: Was passiert, wenn diese von Süskind erfundene Geschichte wahr ist? Dass es also möglich wird, Menschen mithilfe von Gerüchen zu manipulieren? Und das wollten wir hochbudgetär mit einer 70Millimeter-Kamera von Arri, was bisher in der Television noch nie da war, optisch auflösen und weltweit herzeigen.“
Mit an Bord bei diesem innovativen Sechsteiler war von Anfang an der Streamingdienst Netflix. Er hat sich damit den weltweiten Markt außerhalb des deutschsprachigen Raums gesichert.
Klar war auch, dass das Projekt mit der Qualität des Drehbuches stehen und fallen würde. Das Vertrauen schenkte man überraschenderweise ei-
ner „Anfängerin“, Eva Kranenburg. Sie erzählt: „Ich hatte vorher ein einziges Drehbuch geschrieben, das immer noch auf eine Verfilmung wartet. Oliver Berben kannte es. Eines Tages rief er mich an und erzählte mir von den ‚Parfum‘-Plänen. Er bot mir an, die Drehbücher zu schreiben. Ich antwortete, dass ich mir das alles nicht mit einem solchen Einzelgänger wie in der Urversion vorstellen konnte. Gleich bei der zweiten Sitzung hatte ich die grundlegende Idee: Wir splitten die Störung der Sinne auf fünf Personen auf. Daraus ergeben sich viele neue Fragen. Die Antwort finden Sie am Ende der Serie.“
Co-Produzentin Sarah Kirkegaard erinnert sich: „Gedreht haben wir in Nordrhein-Westfalen, für den Zuschauer bleibt es jedoch eine undefinierte Landschaft mit dörflichen, vorstädtischen Strukturen. Wir haben das alles aufwendigst ausgestattet, keine Wand blieb, was sie vorher war.“
Zentrale Figur ist Friederike Becht als Nadja Simon: „Sie ist Fallanalytikerin. Solche Fachkräfte werden immer hinzugezogen, wenn neue und andere Denkanstöße gebraucht werden. Im konkreten Fall geht es um eine brutale Mordserie, deren Spuren in die Vergangenheit führen.“
Star der Serie ist August Diehl. Er verkörpert einen Parfümeur namens Moritz de Vries. Auf die Frage, wonach die Story (in der es viel nacktes Fleisch zu sehen gibt) duftet, lächelt er: „Es gibt mehrere Mischungen. Wer die Geheimnisse kennt, kann alle möglichen Gefühle – wie etwa Hunger, Liebe oder Eifersucht – kreieren. Der Duft wird zum Hormonauslöser.“Sonst darf er ja nichts verraten, außer: „Es geht um einige Personen, die sich nach vielen, vielen Jahren bei einer Beerdigung wieder treffen. Seinerzeit hatten sie mit dem Toten sehr viel, sehr oft und sehr intensiv zu tun.“
Warum er, ohne viel zu zögern, Ja sagte? „Auslöser sind bei mir oft Menschen. Im konkreten Fall Regisseur Philipp Kadelbach. Er ist ein guter Verführer. Meine Zusage habe ich bis heute nicht bereut“, so Diehl. Besagter Philipp Kadelbach, der einst „Hindenburg“inszenierte und an „Parfum“fünf Monate lang gedreht hat, kommentiert: „Wir schaffen eine atmosphärisch verdichtete, erzählerische Stimmung, enthüllen Geheimnisse und schaffen im nächsten Moment überraschende Wendungen. Schockierende, verstörende oder beklemmende Szenen sind bewusst gesetzte Facetten des dramaturgischen Konzepts.“
In weiteren wichtigen Rollen sind Wotan Wilke Möhring, Ken Duken, Natalia Belitski, Trystan Pütter, Christian Friedel, Juergen Maurer und Karl Markovics zu sehen.