Kleine Zeitung Kaernten

Fünfzehn Tote und eine deutliche Spur

Der Nervengift-Konflikt zwischen England und Russland spitzt sich zu. Nun kommt eine ominöse „Liste“des Geheimdien­stes ins Spiel.

- Von Peter Nonnenmach­er, London und Manuela Swoboda

Der eine ist erhängt im Haus seiner Ex-Frau aufgefunde­n worden. Der andere stürzte aus dem Fenster und spießte sich auf Eisengitte­rn auf. Zwei wurden von U-Bahn-Rädern zerquetsch­t. Einer klagte über „Unwohlsein“, bevor er in seinem Sessel kollabiert­e. Ein anderer hatte Spuren einer giftigen Pflanze im Magen, als er starb.

Nun ist sie wieder da, die „Liste“. Es sind 14 Namen, die auf dieser „Liste“stehen: 14 Fälle, bei denen der Verdacht aufkam, dass beim Tod der Betroffene­n, jeweils auf britischem Boden, der russische Staat die Hand im Spiel hatte. Die Regierung in London wies diesen Verdacht lange Zeit von sich: Weil sie vieles für reine Spekulatio­n hielt und auch aus Sorge vor einer Konfrontat­ion mit Wladimir Putin.

Theresa May, die heutige Regierungs­chefin, hatte noch als Innenminis­terin eingehende­re Ermittlung­en zu der „Liste“abgelehnt. Erst ihre Nachfolger­in an der Spitze des britischen Innen-Ressorts, Amber Rudd, ordnete nun eine große öffentlich­e Untersuchu­ng an.

Anlass zu diesem Gesinnungs­wandel gab natürlich die Giftgasatt­acke auf den Ex-Doppelagen­ten Sergei Skripal und seine Tochter Julia in Salisbury. Die britische Regierung geht davon aus, dass bei dem Mordanschl­ag ein Gift der sogenannte­n Nowitschok-Gruppe zum Einsatz kam, das während des Kalten Krieges in der Sowjetunio­n entwickelt wurde. Zur Ausrufung der öffentlich­en Untersuchu­ng gedrängt wurde Ministerin Rudd von der Vorsitzend­en des innenpolit­ischen Unterhaus-Ausschusse­s, Yvette Cooper, und von Sir Ian Blair, dem früheren Polizeiprä­sidenten Londons, auf den man an der Themse noch immer hört.

Und so soll nun die „Liste der 14“genauer unter die Lupe genommen werden. Gar nicht auf ihr verzeichne­t ist dabei der prominente­ste Tote, Alexander Litwinenko, der im Jahr 2006 durch ein Tässchen Tee mit hoch radioaktiv­em Polonium vergiftet und getötet wurde.

Litwinenko steht nicht auf der Liste, weil seine Ermordung von einem britischen Richter bereits vor zwei Jahren dem russischen Staat angekreide­t wurde und daher für die Behörden nicht mehr infrage steht. Putin habe „mit großer Wahrschein­lichkeit“seinen Segen zu der Mordaktion gegeben, hieß es damals im Richterspr­uch.

„Ungeklärt“ist auch der Tod des Milliardär­s und langjährig­en Putin-Gegners Boris Beresowski, der 2013 im Badezimmer aufgefunde­n wurde. Da es eine Reihe verdächtig­er Umstände bei seinem Tod gab, beließ es der Untersuchu­ngsrichter bei einem „offenen Verdikt“.

Nach dem mysteriöse­n Fall Skripal rückten diese Woche erneut Anti-Terror-Experten Scotland Yards aus. Diesmal nicht in Salisbury, sondern in London. Ein früherer Aeroflot-Direktor

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