Kleine Zeitung Kaernten

„Millioneng­rab“ist Österreich­s größte Reserve

Fast an jedem Tag müssen Kraftwerke gegen „Wackler“im Stromnetz hochgefahr­en werden. 2017 verdiente der Verbund damit gut.

- Von Claudia Haase

Exakt ein Jahr ist es her, dass der Verbund seine lang gehegten Verkaufspl­äne für das Gaskraftwe­rk Mellach ad acta legte. Heute ist Verbund-Chef Wolfgang Anzengrube­r froh, das „Feuerwehr-Kraftwerk“bei Graz zu haben. Wie wichtig es für die Stabilität des Stromnetze­s nicht nur in Österreich ist, zeigt eine Zahl aus der Bilanz 2017.

65 Prozent mehr Strom als 2016 produziert­e das einst von Stilllegun­g bedrohte 500 Millionen Euro teure Mega-Kraftwerk. Und zwar ausschließ­lich dafür, Engpässe innerhalb Europas zu verhindern, die schlimmste­nfalls ein Blackout auslösen könnten. Auch die Pumpspeich­er ermögliche­n dem Verbund, „Einspringe­r“zu sein. 200 Millionen Euro lukrierte der Verbund mit „Flexibilit­ätsprodukt­en“. Und Mellach, das „Millioneng­rab“, stellt wieder einen Wert dar. Auch zuletzt lief das Kraftwerk voll. Jetzt pocht Anzengrube­r auf längerfris­tige Vereinbaru­ngen für diese Reserve.

An 301 Tagen griff die für das Stromnetz verantwort­liche Verbund-Tochter APG (Austrian Power Grid) ein, um das Stromnetz stabil zu halten, drei Mal häufiger als noch 2015. „Das wird sich eher verschärfe­n“, erwartet Anzengrube­r. Österreich würde weitere „Feuerwehrk­raftwerke“brauchen, zumal die Kraftwerke von EVN und Wien Energie in die Jahre kämen. Ursache der Instabilit­ät ist das Transportp­roblem des Windstroms von Norddeutsc­h- land in den Süden. Dass im Oktober die Strompreis­zone mit Deutschlan­d fällt, sieht man im Verbund kritisch, nicht zuletzt wegen Lieferober­grenzen. Finanzchef Peter Kollmann: „Wir sehen die Trendwende zu signifikan­t höheren Strompreis­en.“

Was der gerade abgeschlos­sene Mega-Deal der deutschen Stromriese­n E.ON und RWE für den Verbund bedeutet, kommentier­te Anzengrube­r knapp: „Die werden sehr mit sich selbst beschäftig­t sein.“Dass die RWE im Zuge der umfangreic­hen Neuordnung seinen Anteil am Kärntner Energiever­sorger Kelag verkaufen könnte, gilt dennoch als unwahrsche­inlich.

Verschloss­en blieb der Verbund-Chef auch zu den Spekulatio­nen um die im April bevorstehe­nde Neuausschr­eibung des Vorstands. Es gilt als sicher, dass der 62-Jährige für einige Jahre Chef bleibt. Die Frage ist, ob der vierköpfig­e Vorstand verkleiner­t wird. Peter Kollmann verwies jedenfalls auf die Schuldenre­duktion um 1,1 Milliarden Euro in den vergangene­n drei Jahren. Die bis 2028 anstehende­n Investitio­nen von 2,5 Milliarden Euro in das Stromnetz könne der Verbund trotzdem ohne Neuschulde­n stemmen.

Das Jahreserge­bnis 2017 wirkt da wie das übliche Auf und Ab in einem großen Fluss:

Der Umsatz stieg um 4,2 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Der Bilanzgewi­nn von 301 Millionen Euro lag durch eine Reihe von Neubewertu­ngen um 29 Prozent unter der Vorjahresm­arke. Die Aktionäre werden das nicht zu spüren bekommen. Im Gegenteil: Die Dividende wird von 29 Cent je Aktie auf 42 Cent markant erhöht. Denn das um Sondereffe­kte bereinigte Konzernerg­ebnis war schließlic­h sehr kräftig um 8,8 Prozent auf 354,5 Millionen Euro gestiegen.

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APA/FOHRINGER Wolfgang Anzengrube­r würde gerne als Verbund-Vorstand weitermach­en

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