Lasst uns einmal darüber schlafen
Laut einer aktuellen Studie sind die Österreicher nicht mehr ganz ausgeschlafen – auch wegen veränderter digitaler Gewohnheiten.
Abends im Bett schnell eine letzte Nachricht tippen, am Morgen vom Mobiltelefon wecken lassen – Handys und Tablets haben längst Einzug in unsere Schlafzimmer gehalten. Wie sehr sich unsere digitalen Gewohnheiten in den letzten Jahren verändert haben, zeigt eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Marketagent.com:
Auf eine Woche ohne Alkohol würden sich mehr als 85 Prozent der rund 1000 Umfrageteilnehmer einlassen, die Hälfte von ihnen auch auf Wurst oder Fleisch verzichten – doch eine Woche „Handy-Fasten“würden nicht einmal 20 Prozent der befragten Österreicher auf sich nehmen. Mehr als 700 Personen (von 1000) gaben an, sich ein Leben ohne Mobiltelefon gar nicht mehr vorstellen zu können.
Das Kuscheln mit den technischen Geräten könnte aber eine der Ursachen sein, die uns den Schlaf rauben. Denn laut einer aktuellen Studie der MedUni Wien unter rund 1000 Österreichern ist das Schlafen heutzutage alles andere als erholsam.
Zwischen der ersten Studie 1997 und der zweiten 2007 – jeweils unter 1000 Personen aller Altersgrup- pen – gab es noch kaum Unterschiede – doch 2017 klagten bereits rund 30 Prozent der Studienteilnehmer über Einschlafstörungen. Zehn Jahre zuvor hatten nur etwa sechs Prozent von ihnen Probleme, in den Schlaf zu fallen. Und: Durchschlafstörungen – also grundloses Aufwachen in der Nacht – traten nun doppelt so häufig auf wie vor zehn Jahren.
Studienleiter Stefan Seidel vom Schlaflabor der MedUni Wien macht dafür unter anderem das „bekannte Grübeln, NichtRunterkommen oder Problemewälzen“verantwortlich. „Erst dann kommen andere seltene Faktoren ins Spiel wie Angst oder Schmerzen.“Doch auch die technologische Entwicklung führt Seidel ins Treffen. Man denke dabei etwa an die Markteinführung des iPhones 2007.
Besonders das Blaulicht
von Bildschirmen ist kein Verbündeter in Sachen Schlaf. „Es gelangt über das Auge dorthin, wo sich die Sehnerven überkreuzen“, erklärt Schlafmediziner Wolfgang Mallin. „Lichtempfindliche Zellen senden es weiter in die Zirbeldrüse. Und dort hemmt das Blaulicht die Bildung des Schlafhormons Melatonin.“
Was früher die Taschenlampe für das Buch unter der Bettdecke war, können also heute Mobiltelefon und Tablet sein – Schlafräuber. Instagram, Twitter und andere soziale Netzwerke lassen die Geräte in der Nacht aufleuchten. Auch wenn einige Hersteller bereits Blaulichtfilter eingebaut haben – vor allem Kinder und Jugendliche können dem Infostrom nicht widerstehen. Vorbeugen könne man, indem man die Schlafzimmer bewusst handyfrei hält, empfiehlt Mallin.
Ruhebereiche, in denen der Körper anders funktioniert als untertags, seien besonders wichtig, sagt Baubiologe und Messtechniker Armin Rebernig – „damit er in die wichtige Regenerationsphase kommen kann“. Wie wichtig das für unser tägliches Leben ist, zeigt die Studie der MedUni Wien. Rund 50 Prozent der Betroffenen seien tagsüber müde, unkonzentriert und gereizt.
Rebernigs Rat im Umgang mit Smartphones: „Nachts auf Flugmodus stellen.“In Ausnahmefällen, wenn man erreichbar sein muss, sollte man das Handy (mindestens) einen Meter vom Bett entfernt ablegen. Ein Meter Entfernung reduziere die Strahlung um rund 95 Prozent.