Die Neuerfindung des Markus Söder
Laut, provokant, rücksichtslos. So war sein Ruf. Nun wird er Bayern-Chef.
Markus Söder steht in meterhohen Buchstaben auf einer Stellwand im Kinosaal. Söders Silhouette ist eingebaut zwischen dem D und dem E, in James-Bond-Manier. Söder wird heute bayerischer Ministerpräsident. Es ist die Rolle seines Lebens, lange hat er darauf hingearbeitet. Gleichzeitig läuft seine eigene Neuerfindung: Söder (der Karrieremensch) plus Söder (der Kumpeltyp) ergibt Söder (den Regierungschef ). So seine Rechnung. Sein Auftritt läuft unter dem Klatsch- und Kuscheltitel: „Söder persönlich“. Bei seinem Aufstieg ist er laut gewesen, aggressiv, wahrnehmbar. Als Chef der bayerischen Jungen Union, als Generalsekretär der CSU, als bayerischer Europa-, Umwelt-, Finanzminister. Er schimpfte immer ein bisschen provokanter als die anderen. Grenzüberschreitung bringt Aufmerksamkeit und Talkshowauftritte. Söder zählte, wer häufiger eingeladen wurde, und freute sich, wenn er den ein oder anderen Parteichef überholte. Er achtete darauf, dass bei den Auftritten die Socken saßen. Bloß nicht zur Witzfigur werden durch Nebensächlichkeiten. Selbst Faschingskostüme hatten eine Botschaft: Als es hieß, die CSU sei reif für eine Frau an der Spitze, kam Söder als Marilyn Monroe. Als Seehofer zu sehr zögerte, verkleidete er sich als Edmund Stoiber.
Söder wurde nicht zur Witzfigur, sondern zu einer Art dunkler Macht. Klug, intrigant, rücksichtslos, so war sein Ruf in der CSU. Seehofer hat ihm „Schmutzeleien“vorgeworfen, also Intrigen zur Beförderung der Karriere. Seehofer hat viel versucht, um den Aufstieg des ungeliebten Kronprinzen zu verhindern. Am Ende setzte sich Söder durch. Heute zieht er in die Staatskanzlei in München ein.