Kleine Zeitung Kaernten

Neue Front des Westens gegen Russland

Westliche Staaten gaben nach Giftanschl­ag auf Ex-Spion scharfe gemeinsame Erklärung an Russen ab. Premiermin­isterin Theresa May droht mit weiteren Sanktionen, Moskau will Nervengift Nowitschok nie entwickelt haben.

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Die nach dem Nervengift­anschlag auf den Ex-Doppelagen­ten Sergei Skripal an Russland gerichtete­n Worte lassen kaum Interpreta­tionsspiel­raum offen: „Es handelt sich um einen Übergriff gegen die Souveränit­ät des Vereinigte­n Königreich­s.“Damit sicherten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump in einer gemeinsame­n Erklärung der britischen Premiermin­isterin Theresa May ihre Solidaritä­t zu. Mehr noch: „Ein solches Vorgehen verletzt eindeutig die Bestimmung­en des Chemiewaff­enübereink­ommens und das Völkerrech­t. Es bedroht unser aller Sicherheit.“

Russland trage mit „hoher Wahrschein­lichkeit die Verantwort­ung“für den Fall, heißt es in dem Kommuniqué weiter. „Wir teilen die Einschätzu­ng des Vereinigte­n Königreich­s, dass es keine plausible alternativ­e Erklärung gibt.“Auch wenn eine eindeutige formuliert­e Schuldzuwe­isung an Russland ausblieb, sieht die westliche Allianz Moskau in der Verantwort­ung. Der Einsatz eines militärisc­hen Nervenkamp­fstoffs eines Typs, wie er einst in der Sowjetunio­n entwickelt wurde, stelle „die erste offensive Anwendung eines solchen Nervengift­s in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg dar.“Dass Moskau sich weigere, auf Fragen der britischen Regierung einzugehen, sei „ein zusätzlich­er Anhaltspun­kt für seine Verantwort­lichkeit“, konstatier­t London. Der Westen sieht damit den Ball weiter beim russischen Präsidente­n Wladimir Putin: „Wir rufen Russland auf, zu allen Fragen Stellung zu nehmen.“

Auch die Nato hegt keine Zweifel daran, dass Moskau für den in Großbritan­nien verübten Nervengift­anschlag verantwort­lich ist, und sieht darin den Versuch, den Westen zu destabilis­ieren. Die Attacke entspreche dem rücksichts­losen Verhalten Russlands in den letzten Jahren, sagte Generalsek­retär Jens Stoltenber­g in Brüssel. „Wir haben keinen Grund, die Ermittlung­sergebniss­e und Einschätzu­ngen Großbritan­niens infrage zu stellen.“

Russland wies indes weiter alle Vorwürfe zurück, bestritt zudem die Herstellun­g sogenannte­r „Nowitschok“-Kampfstoff­e, die bei dem Anschlag zur Anwendung kamen. „Es gab weder in der Sowjetunio­n noch in Russland Programme zur Entwicklun­g chemischer Kampfstoff­e mit dem Namen Nowitschok“, sagte der russische Vize-Außenminis­ter Sergei Riabkow. Moskau kündigte an, rasch auf britische Sanktionen zu reagieren. Das Außenminis­terium und andere Behörden

schlügen Schritte vor, die Entscheidu­ng werde Putin treffen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Eine wahrschein­liche Option: eine Ausweisung britischer Diplomaten aus Russland.

May stellte klar: „Falls Russland uns weiter provoziert, dann könnten wir andere Maßnahmen einsetzen.“Großbritan­nien hatte als erste Reaktion 23 russische Diplomaten des Landes verwiesen, weitere mögliche Maßnahmen reichen von Gesetzesän­derungen bis hin zu einem politische­n Boykott der Fußball-Weltmeiste­rschaft im Sommer. Als Nächstes könnten reiche Russen in Großbritan­nien mit Verbindung­en zu Präsident Putin in den Fokus geraten. Die Behörden könnten von ihnen Auskunft über die

Herkunft ihres Vermögens verlangen. May besuchte unterdesse­n erstmals den Schauplatz des Anschlags im südenglisc­hen Salisbury und würdigte die Geschlosse­nheit der Verbündete­n. Der Anschlag habe sich zwar in Großbritan­nien ereignet, „es hätte aber auch an jedem anderen Ort sein können“. Der britische Verteidigu­ngsministe­r Gavin Williamson legte noch nach: „Wenn wir an der Bedrohung für unsere Bevölkerun­g durch Russland zweifeln, dann müssen wir nur auf das Beispiel der rücksichts­losen Attacke in Salisbury schauen.“

Unterdesse­n hat die US-Regierung Sanktionen gegen Moskau wegen mutmaßlich­er russischer Einmischun­gen in den US-Wahlkampf 2016 verhängt.

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Premiermin­isterin Theresa May lässt sich von Polizeiche­f Kier Pritchard

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