Wortreiche Sprachlosigkeit
Theater WalTzwerk bringt Köhlmeier-Text auf die Bühne: ein Experiment.
Märchenhaft ist gar nichts an dieser Geschichte von Michael Köhlmeier, deren Titel an Hans Christian Andersen und Co. denken lässt: „Das Mädchen mit dem Fingerhut“ist alles andere als rührselig. Denn das Schicksal eines namen- und nahezu sprachlosen kleinen Kindes, das auf sich alleine gestellt durch eine Großstadt irrt, in Müllcontainern schläft und vom Mitleid von Zufallsbegegnungen lebt, wird darin lakonisch und distanziert erzählt. Die Bilder, die dabei im Kopf des Lesers entstehen, sind kalt und teilweise albtraumhaft.
So reduziert und kühl Köhlmeier in seinem schmalen Roman Sprachlosigkeit darstellt, so wortreich und schnell erzählt die österreichische Erstauffüh- rung der Dramatisierung durch das Theater WalTzwerk vom Mädchen Yiza und dem etwas älteren Arian. Themen wie Verwahrlosung und Gefühlskälte, das Stillen der Grundbedürfnisse Essen, Trinken, Schlafen, ein Leben zwischen Realität und (Fieber-)Traum wurden bei der Premiere im Klagenfur- Als Erzähler und Darsteller im Einsatz: Sarah Rebecca Kühl und Markus Achatz ter Künstlerhaus szenisch, aber ohne konkrete Handlung umgesetzt.
stellt dafür mit dem Ausstatter Thomas Garvie die beiden kindlichen Anti-Helden in eine kalte Bühnenwelt mit StyroporSchnee und Neonlicht, die von überdimensionalen russischen Matroschka-Puppen beherrscht wird. Sarah Rebecca Kühl und Markus Achatz sind Erzähler und Darsteller zugleich. Mit pantomimischen Elementen entstehen zwischendurch Traumsequenzen, und die folkloristischen StapelPuppen spielen auch mit in einem Stück, das kein Stück ist, sondern eine Erzählung. Der elfköpfige Mädchenchor JAMzi und David Gratzers Musik setzen stimmige emotionale Akzente in einer ambitionierten Inszenierung, die allerdings aus einem leisen Lesetext ein lautes Spektakel macht.
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