Kleine Zeitung Kaernten

Kakanische Groteske

Die Koalition hat Generalsek­retäre in Ministerie­n installier­t – ein ambivalent­er Schritt: Der Beweis dafür, dass die neue Verwaltung­sebene sinnvoll ist, muss erst erbracht werden.

- Michael Jungwirth michael.jungwirth@kleinezeit­ung.at

So weit sind wir noch nicht, dass im Straßentun­nel ein Bild der Asfinag-Chefs oder im Zug das Konterfei des ÖBB-Chefs hängt. Nun ist nach außen gesickert, der neue Generalsek­retär im Verteidigu­ngsministe­rium poche darauf, dass in den Kasernen auch sein Bild an die Wand genagelt werde. Fehlt noch, dass in den Schulen neben dem Bundespräs­identen oder dem Kreuz auch noch Fotos der Sektionsch­efs hängen.

Diese kakanische Groteske wirft einmal mehr ein schlechtes Licht auf die Generalsek­retärsrieg­e in den Ministerie­n. Da legt die Koalition ein Bekenntnis zum schlanken Staat, zur Entbürokra­tisierung, zur Durchforst­ung der Verwaltung ab, etabliert aber eine neue Verwaltung­sebene mit umfangreic­hen Durchgriff­srechten – noch dazu ohne Ausschreib­ung, wobei zumeist Parteigäng­er zum Zug kommen. Lebt der Proporz, die Politik der Umfärbung, die Aufblähung des Staates auch unter Türkis-Blau trotz gegenteili­ger Beteuerung­en fort?

Nicht alles, was in den USA unter Trump passiert, ist schlecht. Dort hat es eine lange Tradition, dass jeder neue Präsi- dent die oberste Ebene seiner Beamtensch­aft austauscht. Damit soll garantiert werden, dass auch an der Spitze der Verwaltung Vertrauens­leute sitzen, die sich der Umsetzung der vom Präsidente­n verfügten Politik verpflicht­et fühlen.

Das Konzept des politisier­ten Spitzenbea­mtentums entspricht in keiner Weise dem in Österreich verwurzelt­en Modell des josephinis­chen Beamten, der auf den Staat, nicht auf die Politik vereidigt ist. So weit die Theorie. In der Praxis führen die Ministeria­lbürokrati­en oft ein Eigenleben und entwickeln Beharrungs­kräfte, die der Politik das Leben zur Hölle machen. Abgesehen davon, dass die Verwaltung gar nicht so unpolitisc­h zusammenge­setzt ist: So kommen etwa im Kanzleramt alle Sektionsch­efs direkt oder indirekt aus den Kabinetten sozialdemo­kratischer Kanzler. Der Praxis des „parachutag­e“, dass

Spitzenbea­mte Die wurde ein Idee auf Riegel des Posten in der Generalsek­retärs direkt vorgeschob­en. EU-Kommission gehievt aus Kabinetten werden, ist weil auch sich deshalb etwa Innenminis­ter entstanden, Kickl in seinem Haus einer schwarzen Beamtensch­aft, Sozialmini­sterin Hartinger einer roten Beamtensch­aft gegenübers­ah. Um kein Missverstä­ndnis aufkommen zu lassen: Würden sie nicht über die fachliche Expertise verfügen, würden viele Beamte nicht dort sitzen, wo sie anzutreffe­n sind. Gelegentli­ch spielen in unserem geliebten Österreich bei Bestellung­en leider oft auch andere Kriterien eine Rolle als die simple Qualifikat­ion.

Generalsek­retäre sind kein Novum, Klestil war der bisher berühmtest­e, Faymann hat die Funktion im Verkehrsmi­nisterium erfunden. Angesichts der aufgebläht­en Kabinette und der oft üppigen Ministeria­lbürokrati­e muss der Beweis erbracht werden, dass diese Installier­ung von Vertrauens­leuten an der Spitze der Bürokratie, also eine politisier­te Verwaltung­sebene, auch wirklich sinnvoll ist.

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