Kleine Zeitung Kaernten

Das Ende des Scharfmach­ers

Herbert Kickl ist in eine neue Rolle geschlüpft. Gerüchte, er wolle die Geheimdien­ste zu einer Superbehör­de umbauen, versuchte er am Rande eines Besuchs in Wels zu entkräften.

- Von Michael Jungwirth aus Wels

Für Herbert Kickl war es ein Heimspiel. Nicht mit dem Dienstwage­n, mit dem Zug brach der Innenminis­ter in den frühen Morgenstun­den von Wien auf. Die ÖBB hatten extra die Cobra-Lok (mit dem Schriftzug und in den Farben des Einsatzkom­mandos) vor den Zug gespannt. Die letzten Kilometer durfte Kickl im Führerstan­d mitfahren. Dass die Reise nach Wels ging, ist kein Zufall. Wels ist das kommunale Vorzeigemo­dell der FPÖ: eine uralte SPÖ-Hochburg, die 2015 von den Freiheitli­chen umgedreht und nun von einem blauen Bürgermeis­ter regiert wird.

Viel hätte nicht gefehlt, man hätte Kickl den roten Teppich ausgerollt. In Wels soll eine Polizeisch­ule mit 120 Plätzen entstehen – in einem alten Gebäude, das einst als Geburtskli­nik, dann als Psychiatri­e diente und später in ein Flüchtling­sheim umfunktion­iert werden sollte. Gestern fiel in Wels auch der Startschus­s zur Rekrutieru­ngsoffensi­ve, die angesichts der baldigen Pensionier­ungswelle bei der Exekutive überfällig ist.

„Ich bin in meinem Amt angekommen“, konstatier­t Kickl im Gespräch auf der Fahrt nach Oberösterr­eich. Er habe die Wahl gehabt zwischen dem Klubobmann und dem Innenminis­ter, die Entscheidu­ng war klar. Sein Ehrgeiz sei es, den berechtigt­en Sicherheit­sbedürfnis­sen der Bevölkerun­g gerecht

werden und einen neuen Kurs einzuschla­gen. „Was wir in der Asylpoliti­k machen, ist Flickschus­terei. Einmal wird da was, dann dort was repariert. Wir müssen das System neu aufsetzen.“Dass das nur im europäisch­en Kontext möglich sei, liege auf der Hand. Eines Tages solle es nur noch außerhalb Europas möglich sein, Anträge für Asyl in Europa zu stellen.

Einen Eindruck will der ehrgeizige Innenminis­ter auch in Wels hinterlass­en: dass er in der Lage ist, seine alte Rolle als freiheitli­cher Scharfmach­er, als Straches Zerberus, als blauer Reime-Schmied, der bis an die Grenzen des noch Zulässigen geht, abzuschütt­eln und in eine neue Rolle zu schlüpfen – in die eines Politikers, der freiheitli­che Inhalte umzusetzen versucht, gleichzeit­ig profession­ell, korrekt, verantwort­ungsbewuss­t sein Amt ausübt. Vor ein paar Wochen hat er sich etwa für die Unannehmli­chkeiten zum Start des Nichtrauch­erVolksbeg­ehrens ausdrückli­ch entschuldi­gt. Sein Misstrauen gegenüber Journalist­en hat Kickl nicht abgelegt, der vorwurfsvo­lle Ton ist aber verschwund­en.

Unweigerli­ch kommt das Gespräch mit Journalist­en im Zug auf die Affäre um das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BVT). Energisch weist der FPÖ-Minister den Vorwurf zurück, es handle sich bei der Razzia um ein Manöver, um den BVT-Chef loszuwerde­n und

den Geheimdien­st umzukrempe­ln. „Ich will keine Superbehör­de“, entgegnet er Spekulatio­nen, das BVT soll zerschlage­n werden. Jeder Minister wolle nach der Ressortübe­rnahme keine Altlasten mitschlepp­en, die ihm eines Tages auf den Kopf fallen könnten. Der Vorwurf, er wolle sich durch den Einsatz einer Spezialein­heit, die einem FPÖ-nahen Kommandant­en unterstell­t ist, Einblick in Datensätze verschaffe­n, sei völlig absurd. Zum einen hätten nicht die Polizisten, sondern Experten der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft die Computer durchsucht und beschlagna­hmt. Vor allem habe jeder Vorgesetzt­e die Möglichkei­t, in die Daten einer nachgelage­rten Einheit – dazu zählt das BVT – Einsicht zu nehmen.

Ob die erhobenen Anschuldig­ungen gegen BVT-Beamte Hand und Fuß haben oder sich in Luft auflösen, muss jetzt die Justiz klären.

 ??  ?? Polizeisch­üler beim Selfie mit dem Innenminis­ter
Polizeisch­üler beim Selfie mit dem Innenminis­ter
 ?? FOTO: M. JUNGWIRTH ?? Die ÖBB boten die Cobra-Lok auf
FOTO: M. JUNGWIRTH Die ÖBB boten die Cobra-Lok auf

Newspapers in German

Newspapers from Austria