Trainieren statt baden: So wird die Kur neu
Die Kur heißt jetzt Gesundheitsvorsorge aktiv. Was sich ändern wird, was fehlt.
Herr und Frau Österreicher müssen sich von einer Traditionseinrichtung verabschieden: Die Kur im klassischen Sinn wird es mit Ende dieses Jahres nicht mehr geben. Das sagt Manfred Anderle, Obmann der Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Damit wird ein Prozess abgeschlossen, der Anfang 2014 begann: Damals wurde die „Gesundheitsvorsorge aktiv“– so heißt die Kur neu – in Pilotprojekten gestartet, das Motto: weniger Baden, mehr Bewegung. Peter McDonald, damals Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, sagte damals, dass man die Kur
wegbringen wolle
vom „subventionierten Quasi-Urlaub“und das klassische Konzept
„nicht mehr zeitgemäß“sei.
Dementsprechend soll auch
die Kur neu vor allem der Prävention dienen: Die Erwerbsfähigkeit soll erhalten bleiben, die Zahl der gesunden Lebensjahre erhöht werden. „Das heißt nicht, dass Pensionisten nicht mehr auf Kur fahren können“, sagt ein im Vordergrund, PVA-Sprecher die – hier Pflegebedürftigkeit stehe zu vermeiden. Der Zugang soll nicht geändert werden, auch die Anzahl der
Fälle soll gleich bleiben, sagt Anderle.
Was aber wird nun anders?
„Der aktive Anteil ist deutlich erhöht“, sagt eine, die es wissen muss: Elke Böttcher ist ärztliche Leiterin der orthopädischen Reha und Kur im Hu- manomed Zentrum Althofen, das eines der Pilotzentren war. „Der Anteil von Massagen und Bädern wurde deutlich reduziert“, beschreibt Böttcher die größte Veränderung. Die Basis bilden Bewegungstherapien sowie bei Bedarf Raucherberatung. Weitere Module konzentrieren sich auf körperliches Training oder die mentale Gesundheit. Neu ist auch, dass die dreiwöchige Kur gesplittet werden kann, aufgeteilt in einen zwei- und einen einwöchigen Aufenthalt, was Berufstätigen entgegenkommen soll. Ein Ziel: eine langfristige Änderung des Lebensstils zu bewirken.
Genau daran zweifelt Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker: „Eine Umbenennung ändert nichts an den Problemen.“Für eine nachhaltige Veränderung des Lebensstils brauche es vielmehr eine ambulante Betreuung über einen längeren Zeitraum. Auch Ärztin Böttcher sagt: „Bei der Nachhaltigkeit gibt es noch Aufholbedarf.“Man dürfe die Patienten „nicht ins Nirwana entlassen“, sondern müsse sie mit Adressen für weiterführende Bewegungsangebote versorgen. Nur: „Leider gibt es nur ganz wenige niedergelassene Einrichtungen“, sagt Böttcher. In der Steiermark läuft dazu das Pilotprojekt „Jackpot“, das Menschen nach einer Kur zwölf Bewegungseinheiten bei Sportvereinen anbietet.