Ein Maestro, biegsam und janusköpfig
Karl Böhm war ein großer Dirigent, diente sich aber dem Nazi-Regime an. Daran will die Uraufführung „Böhm“am Schauspielhaus Graz erinnern.
Villon, Caravaggio, Cellini, Gesualdo: allesamt Mörder. Karl May: ein Betrüger und Fälscher. Paul Verlaine schoss auf Arthur Rimbaud. Jean Genet ging wegen Diebstahls in Haft, Otto Muehl unter anderem wegen Unzucht mit Minderjährigen. Benjamin Britten, Woody Allen, kürzlich James Levine: auch der Pädophilie verdächtigt ... Kann, soll, muss man Künstler und Werk trennen oder nicht?
Nein, Karl Böhm war kein Verbrecher. Aber er machte sich mit den größten Verbrechern gemein. Das wollen auch Autor Paulus Hochgatterer und Regisseur und Schauspieler Nikolaus Habjan mit ihrer Uraufführung im Grazer Schauspielhaus zeigen. Das Stück „Böhm“wird die Janusköpfigkeit eines Mannes herausschälen, der künstlerisch Herausragendes leistete, sich aber politisch bis zur Kenntlichkeit verbog. (1900–73),
(1908–89),
Karl Böhm, 1894 in Graz geboren, gab als erst 23-Jähriger an der dortigen Oper sein Debüt am Pult. Das Sprungbrett für eine steile Karriere. Der Dirigent erwarb sich rasch einen Ausnahmerang, leitete Paradeorchester wie die Wiener Philharmoniker oder die Dresdner Staatskapelle, arbeitete mit den größten Solisten seiner Zeit von Elisabeth Schwarzkopf bis Fritz Wunderlich und sorgte mit seinen akribischen Werkdeutungen bei den Bayreuther Festspielen genauso für Furore wie an der New Yorker Met.
auch die andere Seite. Böhm, dessen „Götter“Mozart, Wagner und Strauss hießen, landete nicht zufällig auf der Liste der „Gottbegnadeten“, die von Hitler und Goebbels 1944 zur künstlerischen Elite erkoren wurden (siehe unten). Böhm war kein NSDAPMitglied, aber beim „Kampf-
Hitlers „Gottbegnadeten“-Liste
In der Endphase des Zweiten Weltkrieges erstellten Adolf Hitler und Joseph Goebbels eine Liste von 1041 „gottbegnadeten“Künstlern, darunter 15 Dirigenten. Neben waren dies (1879– 1954), (1880–1967), (1883–1956), (1886–1978), (1888–1965),
(1893–1954),
Karl Böhm Rudolf Krasselt
Carl Schuricht Hermann Abendroth Robert Heger Hans Knappertsbusch Karl Elmendorff
Clemens Krauss Johannes Schüler Oswald Kabasta
Paul Schmitz Hans Schmidt-Isserstedt Eugen Jochum Herbert von
Joseph Keilberth
Karajan