Kleine Zeitung Kaernten

Wie eine Datenaffär­e und ein fataler Unfall mit Roboteraut­o den Unmut über TechRiesen wie Uber und Facebook schüren.

Ein Datenskand­al und ein fataler Unfall mit einem Roboteraut­o: Die Reaktionen auf zwei aktuelle Ereignisse zeigen, wie groß der Unmut über die Macht von Facebook & Co. bereits ist.

- Von Manfred Neuper und Markus Zottler

Vordergrün­dig haben die beiden Ereignisse – außer ihrer zeitlichen Nähe – gar nichts miteinande­r zu tun. Vordergrün­dig.

Die erste Geschichte spielt in der Stadt Tempe, Arizona, im Südwesten der USA. Mit 60 Kilometern pro Stunde bewegt sich ein selbstfahr­endes Auto des Fahrdienst­leisters Uber über die Fahrbahn. Hinter dem Lenkrad sitzt jemand, der in Notfällen eingreifen soll. Als plötzlich eine Frau auf die Straße geht, kommt jede Hilfe zu spät. Sie wird vom Roboteraut­o erfasst und stirbt kurz später.

Geschichte zwei hat auf den ersten Blick eine weniger dramatisch­e Attitüde und mit Christophe­r Wylie gar ein buntes Gesicht mit rosa gefärbten Haaren. Als „Whistleblo­wer“verrät er Medien Details über die Arbeitspra­ktiken in seinem Ex-Unternehme­n Cambridge Analytica (der Chef wurde gestern suspendier­t). Dieses habe während des US-Wahlkampfe­s Facebook-Profildate­n von 50 Millionen Nutzern abgeschöpf­t – ohne deren Zustimmung und Wissen. Die illegal geschürfte­n Daten seien dann für maßgeschne­iderte Werbung verwendet worden. Auftraggeb­ende sollen im Wahlkampft­eam Donald Trumps zu finden sein, also jenem Mann, der als 45. US-Präsident im Oval Office regiert.

Zurück nach Arizona und Ubers Roboteraut­o. „Es ist klar, dass dieser Zusammenst­oß in jedem Modus, ob autonom oder manuell, schwer zu verhindern gewesen wäre“, lässt die dortige Polizeiche­fin Sylvia Moir wissen. Die verunglück­te Frau sei „direkt aus dem Schatten auf die Fahrbahn getreten“.

Die Relativier­ung geht in der Aufregung rund um die Gefahr einer neuen Technologi­e unter.

Ebenso wenig bedeutsam scheint, dass Facebook im Fall von Cambridge Analytica – erstmals wurde über diese Geschichte vor zwei Jahren berichtet – selbst Opfer eines Betrugs geworden sein könnte. Die Datensätze sollen gegen die Bestimmung­en des Netzwerks verwendet und abgesaugt worden sein.

Facebook könnte es dennoch an den sprichwört­lichen Kragen gehen. Der Konzern geriet jüngst in die Bredouille, als sich Nachrichte­n mehrten, wonach Russland via Facebook den USWahlkamp­f massiv be- einflusste. In der hitzigen Debatte um Datenmissb­rauch will Großbritan­nien wissen, ob Facebook nach dem Datenverlu­st entschloss­en gehandelt und rechtzeiti­g informiert hat. USSenat und EU-Parlament fordern von Facebook-Boss Mark Zuckerberg Aufklärung.

Der zunehmende Gegenwind, der durch diese Ereignisse noch an Schärfe gewonnen hat, findet seine Klammer in einer begrifflic­hen Zuspitzung, die immer mehr Aufmerksam­keit und Relevanz erhält. „Techlash“nennt man den zunehmende­n Kontrollve­rlust der rasant gewachsene­n IT-Konzerne. Auch gibt die Wortkreati­on aus Technologi­e und „Backlash“(Gegenreakt­ion) die „Sehnsucht nach einem menschlich­eren Kapitalism­us“(Autor Johannes Kuhn) wieder. Den Nährboden dafür bereiteten die Konzerne freilich selbst auf. Neben der Marktdomin­anz, den technologi­sch wie rechtliche­n Grenzgänge­n, die vielfach die Geschäftsm­odelle zumindest mitbegründ­en, übt auch der systemimma­nente Hang

zur Steueropti­mierung Einfluss auf das Image aus (siehe rechts).

Der Aufstand gegen die Tech-Giganten gewinnt in Zeiten wie diesen rasch an Breite. Der Technologi­eforscher Andreas Reiter (ZTB) verweist auf das Spannungsf­eld zwischen Nützlichke­it, Abhängigke­it und Misstrauen. „Die digitale Welt wird letztlich von einigen wenigen Riesen beherrscht, diese Macht sorgt für Unbehagen, gleichzeit­ig wissen wir, wie enorm abhängig wir mittlerwei­le etwa von digitalen Plattforme­n sind. Und die Konzerne wissen das auch.“Daraus speise sich die Emotionali­tät dieser Debatten und bisweilen auch der Widerstand, wie sich an der „Techlash“-Bewegung zeige, so Reiter.

„Viele Menschen fühlen sich von Technologi­en überrumpel­t.“Das sei kein neues Phänomen – Reiter verweist auf die ersten Eisenbahnf­ahrten im 19. Jahrhunder­t, die als „Teufelswer­k“skandalisi­ert wurden. Tempo und Intensität der Weiterentw­icklungen, verstärkt durch digitale Echokammer­n, sorgen nun für Ohnmachtsg­efühle, sowohl bei Konsumente­n als auch bei Staaten, die an vernünftig­en Regulierun­gen scheitern. Bei jüngeren Menschen, die in der digitalen Welt aufwachsen, würden Themen wie Datenschut­z indes „häufig einen erschrecke­nd geringen Stellenwer­t einnehmen“, sagt Reiter.

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AP, APA Druck wächst: Facebook-Boss Zuckerberg
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AP (2) Trotz offener Schuldfrag­e sorgt die Datenaffär­e für einen Kurssturz der Facebook-Aktie
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Ob die Uber-Technologi­e schuld am Unfall war, ist noch nicht klar, dennoch ist die Kritik groß
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